Berlin. Die Heuschnupfenzeit wird immer länger. Nur wenige Wochen im Jahr haben Allergiker Ruhe. Was neben Medikamenten bei Pollenflug hilft.

Die Tage werden länger, die Sonne zeigt sich wieder öfter und die Pflanzen blühen: Der Frühling führt bei vielen Menschen zu neuer Energie. Für Pollen-Allergiker hingegen beginnt mit der Jahreszeit eine anstrengende Phase: die Heuschnupfenzeit. Die Allergieerreger fliegen aber längst nicht mehr nur ab den Frühlingsmonaten, sondern immer eher – und länger. Eine zunehmende Belastung für Allergikerinnen und Allergiker.

Schon Ende Dezember habe der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) als Patientenverband die ersten Anfragen von Betroffenen bekommen, sagt Anja Schwalfenberg vom DAAB. „Bereits um Weihnachten flogen die ersten Hasel-Pollen“, ergänzt Prof. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg. Ein Grund dafür sei der Klimawandel.

Wegen der ansteigenden Durchschnittstemperatur blühen die Pflanzen früher. Die Pollensaison endet jedoch auch später. Das liege unter anderem daran, dass neue Pollen hinzukommen. „Zum Beispiel das Beifußblättrige Traubenkraut, eine Art der Ambrosia, das vermehrt im Herbst blüht“, sagt Traidl-Hoffmann. Nur noch wenige Wochen im Jahr haben Allergiker daher Ruhe vor den Pollen. Doch wie sollten sie mit dieser zunehmenden Belastung umgehen?

Heuschnupfen kann geheilt werden

„Der leichteste Schritt ist es, eine Allergie zu heilen“, sagt Traidl-Hoffmann – durch eine spezifische Immuntherapie, die sogenannte Hyposensibilisierung. „Da wird das Immunsystem umerzogen.“ Über drei Jahre bekommen Betroffene in regelmäßigen Abständen eine Spritze mit dem Mittel, gegen das sie eigentlich allergisch sind. Alternativ ist eine Behandlung mit Tabletten möglich. Diese allerdings müssen täglich zuverlässig eingenommen werden.

Claudia Traidl-Hoffmann ist Expertin für Umweltmedizin.
Claudia Traidl-Hoffmann ist Expertin für Umweltmedizin. © Universität Augsburg | Anatoli Oskin

Bei akuten Beschwerden können auch Medikamente wie Antihistaminika oder entzündungshemmende Nasensprays helfen. „Der jahrelange Erwerb freiverkäuflicher Medikamente ohne eine ärztliche Einschätzung ist aus unserer Sicht nicht zu empfehlen“, sagt Schwalfenberg. „Wichtig ist, dass man sich auf die Zeit vorbereitet“, ergänzt Traidl-Hoffmann. Dazu gehören auch Informationen über den aktuellen Pollenflug, die Allergiker mit Hilfe von Apps, beispielsweise der der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, bekommen können.

Pollen-Allergie: Allergiker sollten FFP2-Maske tragen

Zusätzlich gibt es nützliche Alltags-Tipps für Allergiker. Pollengitter für die Fenster könnten helfen, die Konzentration im Zimmer zu senken. Auch ein Luftfilter sei sinnvoll. Die Haare vor dem Schlafengehen zu waschen, verhindere, den Pollen unmittelbar ausgesetzt zu sein. Das habe die Umweltmedizinerin mit ihrem Institut nachgewiesen. Ein weiterer Rat der Expertin: „Wenn sehr viele Pollen fliegen, sollten Allergiker draußen mit einer FFP2-Maske herumlaufen.“ Diese würde die Pollen aus der Luft filtern.

Die Pollen fliegen immer früher – und länger. Das ist für Allergiker eine zunehmende Belastung. (Symbolbild)
Die Pollen fliegen immer früher – und länger. Das ist für Allergiker eine zunehmende Belastung. (Symbolbild) © DPA Images | Angelika Warmuth

Auf Sport muss nicht unbedingt verzichtet werden. Die Belastung sei nicht den ganzen Tag über gleich. Mit Hilfe der Pollen-Vorhersage könnten Allergiker einen geeigneten Zeitpunkt zum Sporttreiben an der frischen Luft herausfinden. „Wenn die Pollen aber zu stark sind, sollte man als Allergiker gar keinen Sport treiben.“

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Heuschnupfen: Allergie hat auch psychische Auswirkungen

Der immer länger andauernde Pollenflug könne auch psychisch zu einer Belastung werden. Da das Nervensystem eng mit dem Immunsystem verbunden sei, leide das eine abhängig davon, wie es dem anderen geht. „Da kann man in einen Teufelskreis geraten“, sagt die Umweltmedizinerin.

Gegen die psychische Belastung könne Achtsamkeitstraining helfen. „Durch Yoga kann man zum Beispiel mit einem starken Geist in einen anstrengenden Tag starten.“ Auch die Ernährung sei wichtig. Eine pflanzenbasierte Kost und die Aufnahme von vielen Vitaminen helfe, „dass ich so insgesamt einen gesunden Körper habe. Wenn die Pollen dann kommen, ist man schon ein bisschen gestärkt in psychischer und physischer Hinsicht“.

Pflanzen haben Stress – und produzieren mehr Pollen

Neben der längeren Flugdauer gibt es mehr Pollen pro Tag, sagt Traidl-Hoffmann: „Das liegt sehr wahrscheinlich an der Stresssituation der Pflanzen.“ Die entstehe durch mehr Trockenheit und Umweltverschmutzung – ebenfalls Folgen des Klimawandels.

Zusätzlich würden die Pollen aggressiver. „Sie setzen mehr von den Eiweißen frei, die zu der allergischen Reaktion führen“, erklärt sie. Ein Stressmechanismus. Durch den Klimawandel, die Umweltverschmutzung und den Verlust von Biodiversität werde dieser gefördert. Das führe dazu, dass es immer mehr Pollenallergiker gebe. Zwischen 2011 und 2021 sei die Anzahl um 11,5 Prozent gestiegen, wie die KKH Kaufmännische Krankenkasse im vergangenen Jahr mitteilte.

Präventiv gegen Pollen-Allergie handeln

Was können Eltern tun, damit erst gar keine Allergie entsteht? „Wenn Eltern ihre Kinder in den ersten beiden Lebensjahren möglichst vielseitig ernähren, haben sie eine geringere Wahrscheinlichkeit, eine Neurodermitis oder Allergien zu entwickeln.“ Ein sehr großer Risikofaktor sei zudem das Leben in der Stadt und an viel befahrenen Straßen, da Luftschadstoffe Pollen zu noch stärkeren Allergieauslösern machten, erklärt Schwalfenberg vom DAAB.

Doch gibt es die Hoffnung auf Besserung? „Die Birken werden in 50 Jahren in Deutschland fast nicht mehr existent sein, weil sie dann alle ausgetrocknet sind“, prognostiziert Traidl-Hoffmann: „Wenn man kurzzeitig denkt, ist das toll. Langfristig gesehen ist es jedoch dramatisch.“ Es wäre ein massives Problem für die Wälder, wenn die Birken austrocknen, sagt die Umweltmedizinerin. Außerdem bestehe die Möglichkeit, dass es stattdessen andere Allergene gibt. „Die Aussicht ist daher leider nicht so richtig gut.“