Julia Lezhneva ist das personifizierte Kindchenschema: hochgewölbte Stirn, rosige Wangen; das dünne blonde Haar hat sie unaufwendig zurückgebunden. Beim Treffen im Brahms-Foyer der Laeiszhalle, Lezhneva, sie hat gerade mit ihrem ­Klavierpartner Mikhail Antonenko für ihren Liederabend am Sonntag geprobt, trägt sie ein geblümtes Kleid, das im Stil an russische Folklore erinnert und vom gängigen Vintagelook ihrer Altersgenossen so weit weg ist wie ihre ganze Erscheinung von den genormten Schönheitsidealen. Nichts an ihr wirkt aufgesetzt.

Genau das ist womöglich das Geheimnis ihres Erfolgs. Mit ihren gerade mal 25 Jahren versetzt die Sopranistin gestandene Kritiker in Verzückung. Wegen ihrer federleicht geführten, naturbelassenen Stimme wird sie als Lichtgestalt gefeiert, als Prophetin eines vibratolosen Gesanges, den die Welt dringend nötig habe. Dabei vibriert Lezhneva durchaus beim Singen. „Meine Stimme hat einen natürlichen Vibratoanteil. Jede Stimme ist anders“, sagt sie beim Gespräch. „Aber man sollte das Vibrato nicht forcieren.“

Lezhnevas Stimme erinnert in ihrer Beweglichkeit fast an einen Knaben. Kein Wunder, Antrieb und Herz ihres Schaffens ist die Barockmusik. Die hat sie als Zwölfjährige entdeckt – und wusste, dass sie dieses Repertoire singen wollte. Marc Minkowski, der französische Doyen der Barockmusik, entdeckte Lezhneva auf Youtube. Engagierte sie vom Fleck weg und legte damit die Grundlage für eine phänomenal steile Karriere, die Lezhneva schon zu den Salzburger Festspielen geführt hat. Auf dem Programm ihres Liederabends stehen Schumanns Liederkreis op. 39 nach Gedichten von Eichendorff sowie Lieder von Rossini, Bellini und Schubert. Das deutsche Kunstlied ist Neuland für sie. „Ich bin fasziniert davon, wieviel Leidenschaft und Tiefe in die kleinen Gebilde passt“, sagt sie. „Diese Schlichtheit ist sehr ergreifend.“

Liederabend Julia Lezhneva So 15.3., 20 Uhr, Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 11 bis 45 Euro unter T. 35 76 66 66 oder an der Abendkasse