Serie: Sönke Ellerbrock hat sich mit seiner “Harley Davidson“ den Traum von Freiheit erfüllt

Das satte Blubbern ist Musik in Sönke Ellerbrocks Ohren: Seine "Ilse" bringt stolze 360 Kilogramm auf die Wage und ist eine Harley Davidson Road King, Baujahr 2000. "Mein Moped", fast zärtlich klingt das aus dem Mund des schwergewichtigen Wirtes vom Alten Schifferhaus. Wenn er in voller Ledermontur auf seiner Maschine sitzt, wird er zum "Easy Rider". Manchmal singt er laut gegen den Fahrtwind an: "Born to be wild ...". Dann ist Sönke Ellerbrock ganz bei sich. Sein Paradies? "Ich habe mir meinen Jugendtraum von Freiheit erfüllt", das träfe es besser.

Das Klischee vom beinharten Rocker - Sönke Ellerbrock ist meilenweit davon entfernt. "Ich habe geheult wie ein Schlosshund, als ich meine Maschine, frisch aufgebaut und lackiert, zum ersten Mal sah. Das war vor drei Jahren, da hatte ich noch nicht mal einen Führerschein", erzählt er. Kurz zuvor hatte den heute 54-Jährigen ein längerer Krankenhausaufenthalt zur Ruhe gezwungen. "Wenn man so hilflos am Tropf liegt, kommt man ins Grübeln. Ich wusste, wenn ich mir meinen Traum von einer eigenen Harley jetzt nicht erfülle, kann ich ihn endgültig begraben." Früher habe immer etwas dagegen gesprochen: Die junge Familie, die Verantwortung für die Kinder und das Geld, das an anderer Stelle nötiger gebraucht wurde. "Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, das spürte ich genau", erinnert er sich. Mit klopfendem Herzen war er dann nach Breitenfelde gefahren. Eine Interessengemeinschaft von Harley-Fahrern gebe es dort und keinen Motorradclub - darauf legt Sönke Ellerbrock Wert. Seine Hemmungen seien unnötig gewesen. "Die Jungs haben mich mit offenen Armen empfangen. Ich habe mir gleich die gebrauchten Maschinen angeschaut und mich in 'Ilse' verliebt, die war damals noch dunkelrot." Und so kam es, dass der damals 51-Jährige noch einmal theoretisches Fachwissen paukte und schließlich auch die praktische Fahrprüfung bestand. Den "Lappen" endlich in der Tasche, fuhr er gleich zu seiner "Ilse". Seitdem gehört auch er zum Breitenfelde Chapter, wie man in Harley-Kreisen sagt. Wie kam seine Maschine eigentlich zum Namen "Ilse"? "Es war einfach so ein Gefühl", sagt Sönke, als wenn das alles erklärt.

Überhaupt ist offensichtlich die Welt der Harley-Fahrer voller Emotionen. Das fängt schon beim Putzen der chromblitzenden Maschinen an. Hier schwört jeder auf seine eigenen Mittelchen. Sönke bevorzugt klares Wasser mit einem kleinen Schuss Spüli. Die Scheiben putzt er mit Glasreiniger blitzblank. Für die feinen Ritzen zwischen den Bauteilen verwendet er winzige Bürsten, die eigentlich für die Reinigung zwischen den Zähnen gedacht sind. Vier bis fünf Stunden brauche er, dann sei seine "Ilse" wieder wie aus dem Ei gepellt. Eine Frage der Ehre unter Harley-Fahrern.

Sönke Ellerbrock lebt seinen Traum, aus dem er allerdings im vergangenen Jahr unsanft geweckt wurde: Schwerer Unfall, Rettungshubschrauber, Notoperation. "Als ich im Krankenhaus zu mir kam, dachte ich, jetzt ist Schluss." Doch bald schon vermisste er die "Benzin-Gespräche" mit den Jungs und seine "Ilse". Auch sie hatte bei dem Unfall einiges abbekommen. Das alles ist Geschichte: "Ilses" sattes Blubbern ist wieder Musik in Sönkes Ohren.