Norderstedt. Eiscafé hat mit Personalmangel zu kämpfen – und beschäftigt nun Roboter. Wie sie funktionieren und wie die Gäste reagieren.

„Vorsicht, Ihre Lieferung ist unterwegs.“ Bella ist beladen mit zwei Maracuja-Schorlen, einem Cookie-Eisbecher und einer Waffel. Ihr Ziel ist Tisch sieben im Eiscafé Giovanni L. im Obergeschoss des Herold-Centers. „Liebe Gäste, Ihre Bestellung ist da“, sagt Bella, als sie den Tisch erreicht. Die Gäste nehmen die Teller und Gläser eigenständig vom Tablett herunter. „Dankeschön. Guten Appetit und auf Wiedersehen“, sagt sie zum Abschied – und rollt davon. Bella ist ein Roboter.

Wie so viele Gastronomien hat auch Giovanni L. Probleme, neue Servicekräfte für seine Filialen zu finden. Stellenanzeigen in den sozialen Netzwerken und auf Gastronomie-Plattformen sowie Tischkarten vor Ort haben nicht die gewünschte Resonanz gebracht. Kaum neue Mitarbeitende konnten eingestellt werden. Das wenige vorhandene Personal ist deshalb umso ausgelasteter. Im Herold-Center in Norderstedt konnte das Eiscafé seine Öffnungszeiten nicht einhalten und musste später anfangen und früher schließen.

Norderstedt: Im Herold-Center bei Giovanni L. bringen Roboter das Eis zum Tisch

Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, hat sich die Geschäftsführung auf einer Messe in Asien inspirieren lassen: Seit Anfang September arbeiten zwei Roboter im Service. Die Bellas. Ihr Job ist es, den Gästen ihre Bestellungen zu servieren. „Wir haben große Probleme, Personal zu finden. Mit den Robotern wollen wir niemanden ersetzen. Vielmehr sollen unsere Mitarbeiter entlastet werden“, stellt Christopher Schönhoff klar.

Bella ist ein Servier-Roboter und bringt Speisen an den Tisch. Ein solches Modell wird jetzt auch im Eiscafé Giovanni L. im Norderstedter Herold-Center eingesetzt. Foto: Reto Klar / Funke Foto Services
Bella ist ein Servier-Roboter und bringt Speisen an den Tisch. Ein solches Modell wird jetzt auch im Eiscafé Giovanni L. im Norderstedter Herold-Center eingesetzt. Foto: Reto Klar / Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Der 38-Jährige ist Geschäftsführer der Genusscampus GmbH, die seit Kurzem Giovanni L. in Norderstedt betreibt. Die Servier-Roboter würden für einen „Showeffekt“ sorgen, sagt Schönhoff. „Besonders Kinder finden die Bellas witzig. Wir haben einen deutlichen Zuwachs an Gästen, seitdem die Roboter im Einsatz sind.“ Allerdings hätten sie einigen irritierten Kunden zunächst erklären müssen, dass durch die Bellas kein Personal aus Fleisch und Blut eingespart werden soll. „Für unsere Mitarbeiter sind sie eine große Hilfe. Aber sie können einen Menschen nie komplett ersetzen.“

Herold-Center: Mitarbeiterin sieht Roboter als Erleichterung an

Kathrin Liebschwager arbeitet schon seit mehr als zwölf Jahren im Eiscafé im Herold-Center. Sie sieht ihre neuen elektronischen Kolleginnen als Erleichterung an. „Sie sind im Alltag sehr unterstützend. Dank ihnen habe ich mehr Zeit, um mit den Gästen zu sprechen“, sagt die Kellnerin.

Der Kopf von Roboter Bella sieht aus wie bei einer Katze. Wenn Gäste ihr über die Ohren streicheln, gibt sie genussvolle Laute von sich.
Der Kopf von Roboter Bella sieht aus wie bei einer Katze. Wenn Gäste ihr über die Ohren streicheln, gibt sie genussvolle Laute von sich. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Wie gewohnt nimmt Liebschwager die Bestellung der Kunden persönlich auf. Hinter dem Tresen wird sie zubereitet. Dann kommt Bella zum Einsatz: Der menschliche Mitarbeiter belädt den Roboter mit Speisen und Getränken. Anschließend tippt er auf dem Display die Nummer des Tisches ein, den Bella ansteuern soll. Der Roboter weiß genau, wo er hinfahren muss. Die Wege wurden vorher programmiert. Sensoren verhindern Zusammenstöße. „Er ist ziemlich leicht zu händeln“, sagt Kathrin Liebschwager.

Die Bellas können Gästen sogar zum Geburtstag gratulieren

Nachdem Bella die Bestellung ausgeliefert hat, findet sie automatisch zurück zum Tresen. Hier kann sie erneut beladen werden. Ihr länglicher Körper besteht aus vier Tabletts. Bellas Kopf hat die Form einer Katze. Wenn ihr ein Gast über die Ohren streichelt, gibt sie genussvolle Laute von sich. „Ihre Hände sind ja richtig warm“, sagt der Roboter. Berührt man die Maschine allerdings zu oft hintereinander, wird sie sauer: „Wollen Sie meine Krallen spüren?“, schimpft Bella. Oder: „Hören Sie auf! Ich habe zu tun!“

Sogar zum Geburtstag gratulieren kann das Gerät. Dann fährt der Servier-Roboter mit lauter „Happy Birthday“-Musik zu den Gästen an den Tisch und zieht alle Blicke auf sich. Auf dem Rücken von Bella blinkt in großen Leuchtbuchstaben „Herzlichen Glückwunsch“ auf.

„Im ersten Moment fand ich die Roboter gewöhnungsbedürftig. Als Stammgast unterhalte ich mich gerne mit den Kellnern. Ich hatte die Befürchtung, die Menschen würden wegfallen“, sagt Christina, die mehrmals in der Woche das Eiscafé des Einkaufszentrums besucht. „Inzwischen finde ich die Bellas super. Ich habe verstanden, dass sie das Personal entlasten und nicht ersetzen sollen.“

Eine Bella kostet bei einem deutschen Anbieter 18.500 Euro

Die 32 Jahre alte Hannah sitzt bei Giovanni L. gerne mit ihren Kindern. „Meine jüngere Tochter hat Angst vor den Robotern“, sagt sie. „Aber meine Große, die ist fünf Jahre alt, findet sie klasse.“

Im Herold-Center bringt Roboter „Bella“ das Eis zum Tisch

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    Wie viel eine Bella kostet, dazu wollte der Betreiber keine genauen Angaben machen. Das hänge auch von der bestellten Stückzahl ab. „Sie ist teuer – aber für die Arbeit, die sie erledigt, rechnet sie sich am Ende des Tages“, sagt Christopher Schönhoff von der Genusscampus GmbH. Bei einem deutschen Anbieter, der diverse Roboter im Sortiment hat, kostet eine Bella 18.500 Euro.

    Herold-Center: Roboter in weiteren Bereichen soll es vorerst nicht geben

    „Ich finde, es ist eine kreative und innovative Lösung, um die Arbeitsabläufe zu optimieren. Wir haben größtenteils positives Feedback durch unsere Kunden erhalten“, sagt Center-Manager Agâh Schaumburg. „Roboter unterstützen Menschen bei der Arbeit – vielleicht ist ein hybrides Arbeitsmodell die Zukunft.“

    Ähnlich wie der Gastronomie fehlt auch dem Einzelhandel jede Menge Personal. Im Herold-Center suchen viele Geschäfte händeringend nach neuen Mitarbeitenden. In weiteren Bereichen Roboter einzusetzen, sei allerdings nicht geplant, sagt Center-Chef Schaumburg. „Die Kunden kommen ja ins Einkaufszentrum, um direkten Kontakt zu Menschen zu haben.“