Berlin. Der sogenannte „Hitler-Käfer“ sorgt immer wieder für Kritik. Manche würden ihn gern umbenennen. Doch daraus wird erstmal nichts.

Sein Name ist umstritten, doch nun steht fest: Der kleine brauner Käfer, Anophthalmus hitleri, wird wohl auch weiterhin nach Adolf Hitler benannt bleiben. Bisher habe es keine Anträge gegeben, wissenschaftliche Namen von Tierarten aus ethischen Gründen zu ändern – auch bei Anophthalmus hitleri nicht, sagte der Taxonomist Daniel Whitmore, der Mitglied der internationalen Kommission für zoologische Nomenklatur ist. Dieses Gremium gibt die Regeln zur Benennung neuer Tierarten heraus.

Einige vor Jahrzehnten vergebene Namen stehen heute in der Kritik, weil sie umstrittene Personen ehren, koloniale Ortsbezeichnungen verwenden oder aus Sicht mancher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskriminierend oder rassistisch sein können. Mehrere Hunderttausend wissenschaftliche Namen könnten nach Einschätzung der internationalen Kommission betroffen sein.

Diese lehnt eine Umbenennung aus ethischen Gründen jedoch ab. „Wir verstehen natürlich, dass manche Namen Unbehagen oder Anstoß erregen können, sagt Whitmore. Priorität habe aber eine universelle und stabile Nomenklatur, damit es keine Verwirrung gebe. „Es ist nicht unsere Aufgabe, darüber zu urteilen, ob Namen beleidigend oder ethisch nicht vertretbar sind, denn das ist eine sehr subjektive und persönliche Angelegenheit.“

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Das Problem mit dem anstößigen Namen betrifft allerdings nicht nur den braunen Käfer. Die Paläobiologin Emma Dunne von der Universität Erlangen-Nürnberg hat zusammen mit anderen Fachleuten die Namen aller bekannten - etwa 1500 - Dinosaurier untersucht. Vor der Publikation möchte die Wissenschaftlerin nicht über die Ergebnisse der Studie sprechen.

Laut einem Bericht der Fachzeitschrift „Nature“ fand das Team unter anderem heraus, dass viele zwischen 1908 und 1920 in Tansania entdeckte Fossilien nach deutschen Forschern statt nach einheimischen Expeditionsteilnehmern benannt wurden oder die Namen leiteten sich von kolonialen Ortsbezeichnungen ab. Die Mehrheit der Namen mit einer geschlechtsspezifischen Endung war demnach außerdem männlich.

Ein Skelett eines Dysalotosaurus lettowvorbecki steht im Museum für Naturkunde Berlin. Der Name des Dinosauriers bezieht sich auf Paul von Lettow-Vorbeck, der als deutscher Offizier am Völkermord an den Herero und Nama beteiligt war.
Ein Skelett eines Dysalotosaurus lettowvorbecki steht im Museum für Naturkunde Berlin. Der Name des Dinosauriers bezieht sich auf Paul von Lettow-Vorbeck, der als deutscher Offizier am Völkermord an den Herero und Nama beteiligt war. © DPA Images | Sebastian Gollnow

Rassistische Tiernamen: Wie groß ist das Problem?

Etwa 20 Prozent der Tiernamen sind nach einer Schätzung der internationalen Kommission für zoologische Nomenklatur – dem Gremium, das die Regeln zur Benennung herausgibt – sogenannte Eponyme. Das sind Namen, die Personen ehren sollen. Diese seien damit die größte Gruppe von Namen, die Anstoß erregen könnten, schreibt die Kommission in einer Stellungnahme. Toponyme, also Ortsnamen, könnten ebenfalls als beleidigend empfunden werden. Sie machten etwa 10 Prozent der Namen aus. „Somit könnten mehrere Hunderttausend akzeptierte wissenschaftliche Namen infrage gestellt werden“, heißt es.

Bei den Dinosaurier-Namen bewerteten die Forschenden weniger als drei Prozent als problematisch. In Zahlen ausgedrückt sei das Problem wirklich unbedeutend, erklärt Mitautor Evangelos Vlachos vom Paläontologischen Museum im argentinischen Trelew in dem „Nature“-Bericht. Dennoch sei es von großer Relevanz: Man müsse die bisherige Praxis kritisch überprüfen und versuchen, Fehler zu korrigieren, fordert er.

lro/dpa