Berlin/Canberra. So kann man einem Bild auch zu Berühmtheit verhelfen: Die Bergbaumagnatin Gina Rinehart (70) will ein Porträt von ihr entfernen lassen.

Gina Rinehart ist eine umstrittene Persönlichkeit in Australien: Von den einen wird die Bergbaumagnatin und reichste Frau des Landes geradezu vergöttert. Sie preisen ihren Geschäftssinn und ihre Liebe für Australien an. Die anderen sehen die 70-Jährige als Klimawandelleugnerin, die versucht, mit ihrem Reichtum Einfluss in Politik und Gesellschaft zu nehmen.

Vor allem ihre Kritiker fühlen sich derzeit bestätigt, nachdem Rinehart laut lokaler australischer Medien versucht, ein Porträt von ihr, das der berühmte kontemporäre Maler Vincent Namatjira, ein Urenkel der Malerikone Albert Namatjira, von ihr gemalt hat, aus dem Museum entfernen zu lassen.

Eigentlich könnte man meinen, dass Rinehart sich geschmeichelt fühlen würde, denn Namatjira hat eine ganze Porträt-Serie gemalt, die derzeit in der National Gallery of Australia in Canberra ausgestellt wird, und sie ist dabei in bester Gesellschaft. Neben ihr hängen dort beispielsweise Porträts der bekannten indigenen Sportler Adam Goodes und Cathy Freeman, die Köpfe früherer Premierminister, ein Porträt der verstorbenen britischen Königin Elizabeth II., und ein Selbstporträt von Namatjira. Doch Rinehart scheint sich auf dem Gemälde nicht zu gefallen und will es deswegen „verschwinden“ lassen.

Gina Rinehart nicht für ihr Mäzenatentum bekannt

Tatsächlich ist das Bild kein „hübsches“ Porträt, das ein wenig Weichzeichner zum Einsatz bringt. Stattdessen rückt es die Doppelkinne der etwas übergewichtigen Rinehart prominent in den Mittelpunkt und auch die nach unten gezogenen Mundwinkel geben ihr einen eher perplexen, leicht verärgerten Ausdruck. Doch auch die anderen Porträts des indigenen Künstlers sind nicht unbedingt schmeichelnd. Namatjira ist bekannt für seine karikaturartigen Gemälde. Ein Bild von ihm zeigt den britischen König Charles, der auch Australiens Staatsoberhaupt ist, in vollem Ornat und scheinbar ohne Hals in der australischen Wüste.

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Der Durchschnittsmensch würde sich vermutlich tatsächlich „unwohl fühlen“, wenn er auf diese Weise dargestellt werde, meinte die Cartoonistin von „The Guardian“, Fiona Katauskas, gegenüber dem australischen Sender ABC, doch das Porträt würde „nicht als besonders anstößig auffallen“. Außerdem sei Rinehart „nicht gerade für ihr Mäzenatentum bekannt“. Das Ganze „schreie also einfach nach einem Wutanfall“.

Bizarre Vorwürfe

Wie weit der Einflussversuch der Milliardärin geht, zeigte ein Artikel im „Sydney Morning Herald“. Dieser will erfahren haben, dass ein Dutzend Beschwerden über das Porträt Rineharts in der National Gallery of Australia eingegangen sind, darunter einige von Sportlern, die von Rineharts Firma Hancock Prospecting gesponsert werden. Berichten zufolge beschuldigte jemand das Museum, sich mit dem Porträt von Rinehart „dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas zu beugen“.

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Das Museum hat trotz dieser Beschwerden bisher keine Anstalten gemacht, das Porträt zu entfernen. „Die Nationalgalerie lädt die Öffentlichkeit zu einem Dialog über unsere Sammlung und Ausstellungen ein“, sagte ein Sprecher. Und: „Wir präsentieren der australischen Öffentlichkeit Kunstwerke, um Menschen zu inspirieren, Kunst zu erkunden, zu erleben und etwas über sie zu lernen.“

Gina Rinehart: Beispiel für den Streisand-Effekt

Namatjira selbst äußerte sich gegenüber der Nachrichtenseite News.com.au. „Ich male die Welt so, wie ich sie sehe“, sagte der indigene Künstler. Die Leute müssten seine Bilder nicht mögen, aber er hoffe, dass sie sich die Zeit nehmen würden, um hinzuschauen und darüber nachzudenken: „Warum hat dieser Aborigine-Typ diese mächtigen Menschen gemalt? Was will er damit sagen?“ Er male Menschen, die reich, mächtig oder bedeutend seien – Menschen, die einen Einfluss auf Australien und auf ihn persönlich hatten, sei es direkt oder indirekt, sei es im Guten oder im Schlechten. „Manche Leute mögen es vielleicht nicht, andere finden es vielleicht lustig, aber ich hoffe, dass die Leute unter die Oberfläche schauen und auch die ernste Seite erkennen“, meinte er.

Rinehart selbst hat sich bisher auf eine Anfrage nicht geäußert. Seitdem ihr Versuch, das Gemälde zu entfernen, jedoch publik wurde, teilen immer mehr Internetnutzerinnen und -nutzer Fotos des Gemäldes. Viele kommentierten dabei, dass sie durch ihre Forderung sichergestellt habe, dass nun tatsächlich jeder das Porträt kenne. So schrieb ein Internetnutzer auf der Plattform X, dass die lustigste Sache dabei sei, dass Gina Rinehart scheinbar noch nie etwas über den Streisand-Effekt gehört habe. Letzterer bezeichnet das Phänomen, wenn ein eher ungeschickter Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken, genau das Gegenteil bewirkt – nämlich die öffentliche Aufmerksamkeit auf eben diese Information zu lenken.