Bergedorf. Europawahl und Bezirkswahl am 9. Juni: Schon 16-Jährige dürfen ihr Kreuzchen machen. So werden Unentschlossene in Bergedorf motiviert.

Bloß kein langweiliges Video mit älteren Männern, die ihre Politik in der Bergedorfer Bezirksversammlung erklären! Damit könne man bestimmt keine Jung- und Erstwähler hinterm Ofen hervorlocken – meint die Bergedorfer Werbeagentur Die Creativen und gewann prompt die Ausschreibung des Bezirksamtes: Es gilt, eine parteineutrale Motivationskampagne zu starten, die 16- bis 25-Jährige an die Wahlurne bringt.

Und das sind gar nicht so wenige: Ende 2023 zählte das Statistikamt 10.139 Menschen zwischen 18 und 24 Jahren im Bezirk Bergedorf, das sind 7,6 Prozent der Bevölkerung. Dazu kommen die 16-Jährigen, die nicht separat ausgewiesen sind. Sie alle mögen am 9. Juni über die Zusammensetzung Bezirksversammlung entscheiden, dazu noch das Europa-Parlament wählen.

Jung- und Erstwähler an die Urne locken

Möglichst kurz, prägnant und griffig soll der Slogan sein, der nun auf knallpinken Plakaten und 5000 Flyern verteilt wird: „Wenn Jung nicht wählt, sieht Bergedorf alt aus!“, steht drauf. Und: „Zeig Bergedorf und ganz Europa, was Dir wichtig ist!“ Dazu führen zwei QR-Codes zu Informationen über Bergedorfs BV und zum Wahl-O-Maten für das Europa-Parlament.

„Jetzt werden wir die Schulen und Jugendclubs fragen, wo wir die Plakate aufhängen dürfen, dazu die VHH, das Hansa-Kino und das Bille-Bad, Fitnessstudios und Sportvereine“, kündigte Geschäftsführer Klaus Schulz an, der auch durch seine Werbekunden auf einen guten Verteiler und viele Multiplikatoren setzt. Von der Idee des Guerilla-Marketings musste er sich indes verabschieden: Mit einem Partybus zu den Wahllokalen zu fahren oder im Kulturzentrum Lola eine große Wahlparty steigen zu lassen, hätte dann doch das Budget gesprengt. Schließlich sind es 8000 Euro netto, die Hamburgs Bürgerschaft zur Verfügung stellt.

Riesige Plakate am Allermöher Bahnhof

Dabei kam die Kampagne schon zeitlich sehr knapp daher, erklärt der Werbe-Fachmann, der eigentlich am Bergedorfer Bahnhof groß plakatieren wollte: „Aber die besten Plätze sind längst vergeben. Eigentlich startet jetzt schon die Weihnachtsbuchung.“ Aber immerhin am Bahnhof Allermöhe, wo auch sehr viele junge Menschen ein- und aussteigen (auf dem Weg zu den Berufsschulen), konnten ab dem 28. Mai vier Großflächen gesichert werden. Ebenso soll an der Wentorfer Straße (gegenüber der Polizei) geworben werden und am Cruslacker Neuen Deich (beim Hammer-Markt).

Kurz, prägnant und griffig soll der Spruch auf den insgesamt 5000 Flyern sein.
Kurz, prägnant und griffig soll der Spruch auf den insgesamt 5000 Flyern sein. © bgz | Anne Strickstrock

Am 30. Mai startet zudem die Social-Media-Kampagne, kann der Aufruf gepostet werden – allerdings leider nicht auf TikTok: „Das ginge nur hamburgweit, ließe sich nicht auf Bergedorf begrenzen“, sagt Schulz, der daher den Account „Mein Bergedorf“ auf Instagram nutzen wird.

Nicht zuletzt hatte er in Zusammenarbeit mit dem Bergedorfer Fachamt für Sozialraummanagement eine kleine Online-Umfage unter Jugendlichen gestartet, deren Antworten auch in Jugendzentren politische Diskussionen anregen mögen. In nur drei Tagen antworteten 76 Jugendliche, von denen fünf „auf keinen Fall“ wählen gehen, 27 aber „ganz sicher“. Das Gros, nämlich 44, kreuzte „Ich bin mir noch nicht sicher“ an.

„Ich möchte etwas für meine Zukunft tun“

Dazu folgten Aussagen wie „Keine Ahnung von Politik und deswegen besser nicht“ oder „Weil ich mich gerne bei der Demokratie mit beteiligen möchte“. Ebenso „Ich habe keine Zeit“ und „Ich möchte etwas für meine Zukunft tun“.

Auch wurde anonym gefragt, welche Themen sie am meisten beschäftigen. Auf Platz eins steht die Familie, gefolgt von Kinder- und Jugendthemen. Es folgen Arbeit, Grund- und Menschenrechte sowie Bildung, Gesundheit und der Klimawandel.

Gern noch als Wahlhelfer melden

Geht es nach dem Bergedorfer Bezirksamt, könnten sich gern auch noch junge Menschen als Wahlhelfer melden, so Rathaus-Sprecher Lennart Hellmessen: „Es wird 93 Wahllokale geben, manche würden sich durchaus noch über Unterstützung freuen.“ Immerhin 135 Euro gibt es für jeden Wahlhelfer (mindestens 16 Jahre alt), der sich an zwei Tagen in den Schichtdienst der Demokratie stellt und Stimmzettel auszählt. Wer mitmachen möchte, kann sich einzeln online anmelden und wird einem Team zugeteilt (https://www.hamburg.de/wahlhelfende/).

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Bis Ende Mai übrigens wirbt auch ganz Hamburg bei den „Europawochen“ für die Wahl: Unter dem Motto „Wir wählen unsere Zukunft! Welche Zukunft wählst Du?“ beschäftigen sich mehr als 60 Veranstaltungen mit Politik, Kultur und Jugend. (www.hamburg.de/europawochen). Die Senatskanzlei verlost bis zum 26. Mai insgesamt 252 Interrail-Tickets an junge Leute zwischen 18 und 27 Jahren, die ihren Hauptwohnsitz in Hamburg haben. Spannend mag auch bis Ende Mai die Ausstellung „Europa in Hamburg erleben“ sein: Im Hamburger Rathaus informiert sie über das Wirken der Europäischen Union in Hamburg. Der Eintritt ist frei.