Bozen/Italien. Silent Travel ist der Reise- und Wellnesstrend 2024. Ein Luxushotel nahe der Dolomiten inspiriert zur Einkehr. Das steckt dahinter.
Ruhig, achtsam, still: Silent Travel — eine Reise in die Stille — liegt im Trend. Und manche Orte und Regionen eignen sich besonders dafür, abseits von Hektik und Großstadt zu sich zu finden und den Geist zur Ruhe kommen zu lassen: In Südtirol nahe Bozen auf dem Rittner Hochplateau lädt ein Fünf-Sterne-Luxushotel seine Gäste ein, sich auf die Stille einzulassen.
Schon die 16 Kilometer kurvige Anfahrt von Bozen aus hoch auf das 1200 Meter hohe Plateau ist ein Erlebnis – es geht vorbei an grünen Wiesen und Bauernhöfen, durch Bergdörfer und bringt die Gäste der Adler Lodge Ritten in eine andere Welt. Entweder mit dem Auto oder per Seilbahn von Bozen nach Oberbozen und dann weiter mit der elektrischen Schmalspurbahn.
Südtirol: Per Seilbahn geht es 1200 Meter hoch auf das Ritten Plateau
Inmitten einer Lichtung liegt dann das Hotel mit seinen Holz-Chalets und der Main Lodge am Waldrand mit Blick auf die Dolomiten. Die Holzgebäude der Lodge schmiegen sich regelrecht in die Landschaft.
Und ganz automatisch wird der Mensch hier ruhiger. Da ist ja auch nichts. Kein Autolärm, nur die Natur mit den zwitschernden Vögeln, da sind der Wind und die Geräusche des Waldes. Die Gäste der Lodge reden leise miteinander, nicht weil sie es müssen, sondern weil jedes laute Wort hier irgendwie nicht hingehört.
Waldbaden: „Die Farbe Grün ist heilend, der Wald senkt den Blutdruck.“
Erst recht nicht beim Waldbaden mit Paul Gölle. Er ist sozusagen der Waldbademeister und führt seine Tour durch den nahegelegenen Wald. 25 verschiedene Baumarten gibt es in diesem Gebiet. Es darf durchaus gesprochen werden, aber lieber leise. Dass die Natur gut tut, liegt auch an dem vielen Grün. Denn: „Die Farbe Grün“, sagt Paul Göller, „ist heilend. Der Wald senkt den Blutdruck, stabilisiert den Kreislauf, der Herzschlag ändert sich und hat positive Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem.“
Gut zwei Stunden leitet der Waldbademeister die Hotelgäste an, führt sie durch das Erlebnis Wald, ganz achtsam. Ein- und Ausatmen ist die erste von sechs Übungen an diesem Tag. Bei einer anderen Übung suchen sich die Waldbadenden einen Stein, der zum persönlichen Gedankenstein wird. Zehn und mehr Minuten sitzt jeder dort allein mit sich und den bis zu 80.000 Gedanken, die ein Erwachsener täglich hat. Mit allen Sinnen soll der Wald erspürt, erlebt werden.
Zum Waldbaden gehört auch die Übung, die Paul Göller „Marsianer“ nennt: „Wir sind vom Mars und dieser Wald ist völlig fremd für uns“, sagt er und fordert die Teilnehmenden auf, etwa Steine, Blätter und Erde vom Waldboden aufzuheben und sorgfältig zu betrachten. So als sei jedes Blatt, jeder Stein oder jedes Stück Moos etwas völlig Fremdes und Neuartiges. So sorgfältig hat sicherlich noch niemand den Waldboden beobachtet. Das ist schön und tatsächlich spannender als gedacht. Wenn der Fokus auf dem Waldboden liegt, ist wenig Platz für das übliche Gedankenkarussell.
Südtirol: Schwitzen in der finnischen Baumsauna, damit Gäste in der Stille herunterkommen
Die Lehre des Waldbadens kommt aus Japan, wo man die gesundheitlichen Auswirkungen des Waldes erkannt hat. Dort bezahlen die Krankenkassen sogar solche Waldtherapien. Wie an einer Tankstelle geht es darum, diese frische Waldluft aufzutanken. Waldtherapeut Paul Göller schwärmt: „Die frische Bergluft im Wald ist würzig, voll mit ätherischen Ölen.“
Das Waldbaden ist nur eines von weiteren Angeboten der Adler Lodge Ritten, die ganz auf Entschleunigung setzt. Zum Herunterkommen in der Stille eignet sich unter anderem auch das Schwitzen in der finnischen Baumsauna oder in der Heusauna – beide liegen auf Stelzenhäusern mitten im Wald, mit Blick in die Bäume. Und im 35 Grad warmem Salzwasser des Infinitypools mit Blick auf die Dolomiten ist ebenfalls eher ein seichtes Dahintreiben angesagt statt sportlicher Höchstleistungen. Entspannung statt Leistungsdruck.
„Es geht darum, in der Stille einfach zur Ruhe zu kommen, für zwei, drei Tage abzuschalten“, sagt Resort Manager Hannes Pignater. Ob im Wellnessbereich des All-Inklusive-Hotels, auf Wanderungen oder beim Schlemmen des Mehrgänge-Menüs am Abend: Es geht darum, die innere Mitte zu finden, im Hier und Jetzt zu sein. Weg vom Alltag, weg vom Handy.
Yoga, Meditation, Barfußlaufen – können den Blutdruck senken und beruhigen
Das Handy bleibt auch bei den Yogastunden aus und bei dem meditativen Gang am Morgen mit Yogalehrer Alex-Bhaskara Parmeggiani. Nach einigen Aufwärmübungen oben im hölzernen Stelzenhaus im Wald geht es an diesem frischen Frühlingstag hinaus, und zwar mit nackten Füßen. Auf einem kleinen Barfußpfad führt Alex die Gruppe an. Statt schnurstracks den Pfad entlangzugehen, wird jeder Schritt geradezu zu zelebriert: Immer einen Fuß in der Luft halten, so Alex‘ Aufforderung, um dann ganz bewusst und achtsam den anderen Fuß aufzusetzen.
Das ist definitiv eine gute Übung für Hektiker, die das Langsame wohl eher nervös machen dürfte und die so ihre Geduld schulen können. „Es ist eine grundlegende Herausforderung, langsam und bewusst zu gehen“, sagt Alex. „Und weil immer ein Fuß in der Luft ist, ist das gleichzeitig eine Gleichgewichtsübung.“
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Beim Silent Travel geht es eben auch um bewusstes Innehalten. Das hat positive Effekte auf Körper und Geist: Ob beim Waldbaden oder bei der Gehmeditation auf dem Barfußpfad: Es kann den Blutdruck senken, die Konzentration und den Fokus stärken, beruhigen und das Stresshormon Cortison reduzieren, fördert den Schlaf und übt uns in Achtsamkeit.
Silent Travel: Was früher das Pilgern auf dem Jakobsweg war, ist nun der Entschleunigungsurlaub
Was vor einigen Jahren das Pilgern auf dem Jakobsweg war, sagt der Hamburger Zukunftswissenschaftler Ulrich Reinhardt, sei heute der Entschleunigungsurlaub. „Ziel ist es, zu sich selbst zu kommen, einen Bezug zur Natur herzustellen.“ Dahinter stecke der Wunsch der Reisenden nach Ruhe, Erholung und einem Kontrast zur Hektik des Alltags.
„Viele wollen im Urlaub nicht mehr das Erleben in den Mittelpunkt stellen, sondern eben die Entschleunigung.“ Und auch marketingtechnisch ist der Begriff Silent Travel klug gewählt. „Er verfängt beim Reisenden und stellt eine neue Art des Urlaubs dar“, so Ulrich Reinhardt.
Urlaub in Südtirol: Diese Hotels bieten Silent Travel mit viel Ruhe und Stille
Und wer nach all der Stille doch etwas Action braucht, kann sich ein elektrisches Mountainbike nehmen und allein oder mit Tourguide Klaus etwas rasanter in den Wäldern und Wiesen auf dem Ritten-Plateau unterwegs sein. Dann kann Geschwindigkeit entschleunigend sein.
Der Aufenthalt wurde freundlicherweise unterstützt von der Adler Lodge Ritten. Eine Nacht gibt es ab etwas mehr als 300 Euro pro Person all-inclusive, je nach Saison zwei bis drei Nächte Mindestaufenhalt. Infos: www.adler-resorts.com
Anreise nach Bozen in Südtirol: Mit dem Zug oder mit Skyalps ab mehreren deutschen Flughäfen, wie Hamburg oder Berlin, Hin- und zurück um die 400 Euro. Infos: www.skyalps.com
Es gibt weitere Hotels in Südtirol, die ebenfalls Spas, Meditation, Yoga und Ähnliches auf gehobenem Niveau anbieten:
- Hotel Silena in Mühlbach Vals, Infos: www.silena.com
- Das Eco Hotel Hotel Saltus in Jenesien, Infos: www.hotel-saltus.com
- Das Forestis in Brixen, Infos: www.forestis.it