Berlin. In der Tschecheslowakei geboren, Nähe zu Moskau und heftige Vorwürfe: Der AfD-Politiker Petr Bystron gerät immer stärker in den Fokus.

„Der Teilnehmer ist derzeit nicht erreichbar“: Petr Bystron geht am Donnerstagvormittag nicht ans Handy. Gerade ist bekannt geworden, dass der Bundestag die Immunität des AfD-Abgeordneten aufgehoben hat. Wegen des Anfangsverdachts auf Bestechlichkeit und Geldwäsche hat die Generalstaatsanwaltschaft München Ermittlungen gegen den 51-Jährigen eingeleitet. Sein Bundestagsbüro und andere Objekte im In- und Ausland wurden durchsucht. Dem Politiker wird vorgeworfen, Geld aus russischen Quellen erhalten zu haben.

Immer wieder Russland: Neue Vorwürfe gegen AfD-Politiker

Für die AfD wird Bystron damit zunehmend zum Problem. Bystron ist Kandidat Nummer 2 auf der Europawahlliste der Partei. Auf Platz 1 steht der Europaabgeordnete Maximilian Krah, der ebenfalls wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken und möglichen Geldzahlungen in den Schlagzeilen ist. Bei Krah kommt hinzu: Ein ehemaliger Mitarbeiter ist kürzlich verhaftet worden. Er soll für einen chinesischen Geheimdienst spioniert haben. Gegen Bystron und Krah waren Vorermittlungen eingeleitet worden.

Petr Bystron: Razzia in Berlin, Bayern und auf Mallorca

Im Fall von Bystron gingen die Behörden nun einen Schritt weiter. Weniger als einen Monat vor der Europawahl ist die AfD damit tief verstrickt in ein Netz aus Ermittlungen und schwerwiegenden Vorwürfen. Bystron weist die Anschuldigungen zurück. Als Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am Donnerstag um 9.35 Uhr im Plenum darüber abstimmen lässt, Bystrons Immunität aufzuheben, enthält sich die AfD-Fraktion. Die anderen Fraktionen stimmen dafür. Elf Staatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft München und rund 70 Polizeibeamte des Landeskriminalamts Bayern durchsuchten Büro- und Privaträume Bystrons in Berlin, Bayern und auf der spanischen Ferieninsel Mallorca.

Bystron lebt seit mehr als 30 Jahren in München, er ist verheiratet und hat zwei Kinder. In der bayerischen Landeshauptstadt studierte Bystron Politik, nach eigenen Angaben arbeitete er lange bei einer Werbeagentur und als Unternehmensberater. Seine politische Heimat war von 2005 bis 2013 die FDP. Als sich damals die AfD gründete, verließ Bystron die Liberalen. Er zählt zu den ersten Mitgliedern der Partei, die sich seit den Gründungsjahren immer weiter nach rechts radikalisierte.

Verbindungen zu Russland - Durchsuchungen bei AfD-Abgeordnetem Bystron

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    Das AfD-Gründungsmitglied fällt durch Nähe zu Russland auf

    Petr Bystron mischt als Landesvorsitzender in Bayern und als Außenpolitiker in der AfD mit. Auf seiner Internetseite preist er sich selbst als „der ranghöchste Außenpolitiker der AfD“. Bystron vertritt seine Fraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags und ist seit 2021 ihr außenpolitischer Sprecher. Der 1972 in Olmütz, in der damaligen Tschechoslowakei, geborene und als 16-Jähriger mit seinen Eltern nach Deutschland gekommene Bystron fällt auf durch prorussische Positionen. In der AfD ist er damit nicht allein. Doch möglicherweise waren seine Verbindungen nach Moskau besonders eng.

    Bystrons Name fällt immer wieder, seit die tschechische Regierung vor einigen Wochen gegen die in Prag ansässige Nachrichtenseite „Voice of Europe“ vorging. Die Seite soll Teil einer russischen Einflussoperation in Europa sein. Die Seite hatte Interviews mit Bystron und Krah veröffentlicht, doch dabei soll es nach Angaben aus Tschechien nicht geblieben sein. Berichten zufolge hat der tschechische Inlandsnachrichtendienst BIS Abgeordneten in Prag Audioaufnahmen vorgespielt, die eine Geldübergabe an Bystron belegen sollen. „Bystron raschelt auf der Aufnahme mit Geld und zählt es“, sagte den Berichten zufolge ein tschechischer Abgeordneter, der den Mitschnitt gehört hat.

    Weidel und Chrupalla sprechen von „schwerwiegendem Vorgang“

    Die AfD-Bundesvorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden der AfD Alice Weidel und Tino Chrupalla.
    Die AfD-Bundesvorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden der AfD Alice Weidel und Tino Chrupalla. © DPA Images | Britta Pedersen

    Bei der Razzia am Donnerstag stellten die Ermittler nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München „insbesondere Unterlagen und Datenträger“ sicher, die nun „in Hinblick auf belastende oder entlastende Beweismittel“ ausgewertet werden. Es gelte bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung.

    Die AfD-Spitze distanziert sich bisher nicht von Bystron und Krah. Die Aufhebung der Immunität und die Durchsuchung der Büro- und Privaträume von Bystron seien ein „schwerwiegender Vorgang“, erklärten die Partei- und Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Bislang seien keine Beweise gegen ihn vorgelegt worden. Sie forderten einen schnellen Abschluss der Ermittlungen, „damit nicht der Verdacht entsteht, dass hier versucht wird, durch Behörden und weisungsgebundene Staatsanwaltschaften den Europawahlkampf zu beeinflussen“.