Berlin. Politiker von CDU, FDP und Grünen schlagen vor, dass die Nato russische Raketen über der Ukraine abschießt. Ein brisanter Vorstoß.

Immer wieder hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern an die Ukraine abgelehnt. Seine Sorge: Das Waffensystem ist so präzise, dass die Bundeswehr „die Kontrolle über die Zielsteuerung behalten“ müsse, was wiederum als direkte Beteiligung am Ukraine-Krieg ausgelegt werden könnte.

Einige Abgeordnete der „Ampel“-Koalition haben da weniger Skrupel und sind zur Eskalation entschlossen. Sie schlossen sich am Wochenende den Forderungen von Unionspolitikern an, Teile des Luftraums über der Ukraine vom Nato-Territorium aus zu schützen – mit westlicher Flugabwehr. Für diese Rückendeckung gibt es längst konkrete Vorstellungen und Befürworter:

  • Nico Lange von der Münchner Sicherheitskonferenz schlägt „eine sichere Zone von bis zu 70 Kilometern Breite“ an den Grenzen der Ukraine zu Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien vor.
  • In dieser Zone sollten westliche Länder zumindest „unbemannte russische Flugkörper“, also Raketen, Marschflugkörper und vor allem Drohnen, über der Ukraine abschießen, so der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter.

Ukraine soll entlastet werden

„Das würde die ukrainische Flugabwehr entlasten und ihr ermöglichen, die Front zu schützen“, erläuterte CDU-Politiker in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Das Beispiel Israel, wo die USA, Großbritannien, Frankreich und andere Länder im April einen großen iranischen Luftangriff mit abgewehrt haben, zeige: So müsse man nicht zwingend „zur Kriegspartei“ werden. Allein. wie würde nur Kriemlchef Wladimir Putin reagieren?

Kiesewetter war früher Bundeswehr-Offizier, Nico Lange wiederum einst Büroleiter von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Beide kennen sich und sind Parteifreunde; eine abgestimmte Aktion ist also nicht ausgeschlossen.

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Der FDP-Bundestagsabgeordnete Marcus Faber sagte, dass „der Luftraum über den ukrainischen Grenzregionen“ im Prinzip „durch Luftverteidigungssysteme auf Nato-Territorium geschützt werden“ könnte. Abwehrbatterien und Raketen seien allerdings knapp. Deshalb müsse die nötige Munition langfristig gesichert werden. „Unter dieser Voraussetzung halte ich das für möglich.“

Selbst Grüne unterstützen den Plan

Gleich zwei Grünen-Politiker zeigten sich ebenfalls offen für den Vorstoß. Vize-Fraktionschefin Agnieszka Brugger befürwortete gegenüber der Zeitung den Gedanken, „Systeme zur Luftverteidigung so an den Grenzen der Anrainerstaaten zu stationieren, dass die westlichen Teile der Ukraine mit geschützt werden können“.

Ihr Parteifreund Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses, will Flugabwehr über der Ukraine von Polen und Rumänien „langfristig nicht ausschließen“. Gegenwärtig stehe das allerdings noch „nicht zur Debatte“. Im Augenblick gehe es vor allem darum, im Rahmen der westlichen Waffenhilfe „deutlich mehr“ Waffensysteme an die Ukraine selbst zu liefern.

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