Hamburg. Mathias und Hannes Müller sind die einzigen Hamburger in der Hockey-Nationalmannschaft, deren Ziel bei den Spielen eine Medaille ist.

Spätestens am Freitag in Düsseldorf wird das Olympiafieber steigen. Endgültig. Dann steht für einen Teil des großen deutschen Teams die Einkleidung für die Olympischen Spiele an. 80 Teile soll es pro Athlet geben – Podiums-, Präsentations- und Trainingsbekleidung, Sonnenbrillen, Schuhe und so weiter. Wer das ausprobieren und einsammeln darf, der hat es geschafft, der ist in Paris dabei – wie Mathias (32) und Hannes Müller (24).

Die beiden Hockeyspieler aus Hamburg – nicht verwandt, nicht verschwägert – haben wie all ihre Mannschaftskameraden seit knapp zwei Wochen Gewissheit, dass Bundestrainer André Henning sie in den finalen, nur 16 Spieler umfassenden Nationalmannschaftskader berufen hat. Die offizielle Nominierung durch den DOSB am Mittwoch war nur noch Formsache.

Olympia: Überwältigende Eindrücke

„Die Freude und Erleichterung war natürlich sehr groß“, sagt Hannes Müller im Gespräch mit dem Abendblatt. Für den Mittelfeldspieler vom Uhlenhorster HC werden es die ersten Spiele sein. Abwehrchef Mathias Müller vom Hamburger Polo Club gewann schon 2016 in Rio de Janeiro Bronze, verpasste 2021 Tokio aber wegen einer Verletzung.

Gemeinsam wurden sie 2023 Weltmeister, haben diverse große Turniere hinter sich gebracht. Aber Olympia? „Olympische Spiele erschlagen einen mit Eindrücken. Das Zusammenleben im Dorf mit den größten Sportlern der eigenen Zeit überrascht einen dann doch ziemlich“, erzählt Mathias Müller: „Wenn einem die Topleute beim Frühstück oder irgendwo anders im Olympischen Dorf entgegenkommen, darauf kann man sich nicht wirklich vorbereiten.“

Bundestrainer Henning bitte zum Teambuilding

Bundestrainer Henning wird das beim anstehenden Vorbereitungslehrgang vom 6. Juli an einschließlich „Teambuilding“ versuchen – ob es gelingt? „Ich freue mich natürlich riesig darauf, Stars aus anderen Sportarten zu sehen. Ich habe aber gar keine Erwartungen ehrlicherweise“, sagt Olympia-Neuling Hannes Müller: „Es kann sein, dass man an den ersten Tagen etwas erschlagen ist.“

Henning hat da aber wenig Sorgen: „Hannes hat die WM gespielt, Olympia ist aber noch mal etwas anderes, aber er ist jetzt bereit, den nächsten Schritt zu machen.“

Hockey-Turnier im alten Olympiastadion

Beim „Kennenlernen“ des Hockey-Olympiastadions mit der Mannschaft Anfang Mai konnte sich das Team einen ersten Eindruck vom Yves-Du-Manoir Stadion machen, in dem die Hockeywettbewerbe ausgetragen werden. Die Arena hat Geschichte, war 1924 das Olympiastadion und 1938 Finalort der Fußball-WM.

Das hat zur Folge, dass die Haupttribüne durch eine Laufbahn recht weit vom Spielfeld entfernt ist. Der Platz aber sei in einem guten Zustand, meint Mathias Müller: „Allerdings ist relativ viel Asbest im Stadion, sodass Umkleidekabinen wohl in Containern vor dem Stadion sein müssen.“

Ein Jahr volle Vorbereitung auf Paris

Die Hamburger Müllers haben sich praktisch ein Jahr auf die Olympischen Spiele vorbereitet. Hannes hatte sein Lehramtsstudium für Sport im Sommer abgebrochen, weil er es sich anders vorgestellt hatte, der Immobilienentwickler Mathias wurde von seinem Arbeitgeber Frank Schmidt so freigestellt, wie es für den Sport nötig war. „Ich habe das Glück, dass ich jemanden habe, der Lust hat, Leistungssport zu unterstützen“, sagt er.

Hannes erfährt Unterstützung als Sportsoldat der Bundeswehr, beide werden außerdem von der Deutschen Sporthilfe und dem Team Hamburg gefördert. „Das sind für uns essentielle Unterstützungen. Wir sind unglaublich froh, dass es das gibt“, so Mathias Müller. Vom deutschen Hockey-Bund gibt es für Nationalspieler nämlich nichts.

Mathias Müller geht nach den Spielen voll in den Beruf

Der „ältere“ Müller wird seine Nationalmannschaftskarriere nach Olympia deshalb zumindest unterbrechen, weil er am 2. September wieder voll in den Job geht. Ob er dann 2025 wieder in der Nationalmannschaft spielen will und kann, muss die Zukunft zeigen. Hannes will sich bis Oktober entscheiden, was für ein Studium er beginnt. Zukunftspläne. Psychologie könnte ein Thema sein – „das ist interessant“.

Erst einmal aber ist Paris in den Köpfen. Bis 12. Juli läuft der Lehrgang in Westdeutschland mit einem Länderspiel gegen Malaysia, dann geht es eine Woche nach Hause, den Kopf freikriegen, und am 19. ziehen sie in das Olympische Dorf ein. „Das ist gerade ein großes Thema in der Mannschaft“, erzählt Mathias Müller.

Olympia: Ärger um Tickets für Familien

Dreier-Appartements werden es, in denen außer Betten nichts steht. „Wir sammeln gerade was wir brauchen, aufblasbare Sofas, Kaffeemaschinen, TV-Beamer, eventuell eine kleine Klimaanlage“, erzählen sie.

Ein anderes Thema im Team ist, welche Angehörigen zuschauen können. Zwei Karten pro Spieler pro Partie können die Aktiven vom DOSB kaufen. Mehr nicht. Das ist für die jungen Väter Mats Grambusch und Niklas Wellen deshalb ein Problem, weil auch für die etwa ein Jahr alte Säuglinge Tickets erworben werden müssen – Oma könnte dann nicht mit. Schwierig.

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Der Klassiker in der teaminternen Vor-Olympia-Diskussion steht auch noch an: „Natürlich, ob wir zur Eröffnungsfeier gehen.“ Denn einen Tag nach der stundenlangen Feier mit viel rumstehen ist am 27. Juli um 17 Uhr das Auftaktmatch gegen Frankreich angesetzt.

Kleiner Spoiler: sie werden zur Eröffnungsfeier gehen, das haben deutsche Hockeyteams immer gemacht. Und Frankreich sollte bei allem Respekt kein Stolperstein auf dem Weg zum großen Ziel sein, das allerdings intern noch nicht offiziell festgelegt wurde: „Aber es wird darauf hinaus laufen, dass wir eine Medaille wollen.“