Er entdeckte Alexandra, machte Karel Gott zum Star - und schrieb Hits wie “Sehnsucht“ oder “Zwei Apfelsinen im Haar“. Fred Weyrich wurde 78 Jahre alt.

Von GÜNTER STILLER

Hamburg/Dießen am Ammersee -

Seine "Erinnerungen", die er im ersten Jahr des neuen Jahrhunderts vollenden wollte, wären wahrscheinlich ein "Knüller", mit Sicherheit aber ein Standardwerk der deutschen Schlagerbranche geworden. Das Kapitel über Alexandra, die schwarzhaarige Schönheit mit der Taiga-Stimme, deren schneller Tod im weißen Mercedes-Cabrio zum Kriminalstück geworden ist, war bereits getippt. Seine zahllosen Erinnerungen aber nimmt Fred Weyrich nun mit ins Grab:

Der Musikproduzent, Textdichter, Schauspieler, Kabarettist und Entdecker der Stars starb in der vorletzten Nacht des alten Jahres in seinem Haus in Dießen am Ammersee. Vom Tod hat er nichts gespürt - sein Herz blieb im Schlaf einfach stehen.

"Mein Mann war mit achtundsiebzig noch kerngesund und positiv, fröhlich und lustig wie immer. Wir hatten noch so viele Pläne für große Reisen", sagte Weyrichs Ehefrau, die Berlinerin Renate, mit der er seit 1977 verheiratet war, zum Abendblatt. "Jetzt ist alles hinfällig. Sein Tod ist wie ein betäubender Schlag."

"Mein Vater war bis zuletzt gesund und glücklich", sagte Fred Weyrichs Sohn, der Filmregisseur und TV-Moderator Pit Weyrich (51).

Fred Weyrich hinterlässt zahllose Spuren:

Er entdeckte Nana Gualdi, Alexandra, die er "mein Kind" nannte, Klaus Wunderlich, Gunter Gabriel und viele andere, schrieb mehr als 1200 Liedertexte, darunter "Einmal um die ganze Welt" für Karel Gott, den er weltweit bekannt machte, oder (nach einem Spaziergang über den Münchner Viktualienmarkt) "Chilly Pfeffer" für Dorthe, und besang selbst 160 Schallplatten. Vor allem aber produzierte er die Stars ihrer Zeit: Heidi Brühl, Karel Gott, Vico Torriani, Gerhard Wendland, Costa Cordalis, René Kollo, Ivan Rebroff, Ilse Werner, Gert Fröbe und - zusammen mit Peter Frankenfeld - 130-mal "Peters Bastelstunde". "Fred Weyrich ist ein zielstrebiger Mann, der genau weiß, was er will. Denn über allem, was er mit leichter Hand und Sachverstand produziert und textet, liegt die Erfahrung von vier Jahrzehnten Musik- und Showbusiness", schrieb der Musikkenner Horst Lietzberg.

Fred Weyrich wurde am 28. August 1921 in Neustadt/Weinstraße geboren. Er sollte Zahnarzt werden, weil der Vater es war. Aber er zog es vor, in Berlin die Schauspielerei zu studieren. Den Krieg er- und überlebte er als Soldat an der Promenade-Front in Swinemünde und als Nachrichtensprecher beim Soldatensender Tromsö (Norwegen). Und weil ihn sein Kompanie-Spieß als Alleinunterhalter dringend auf einer Maifeier brauchte, musste er nicht, wie befohlen, als Kanonier auf den Marine-Tanker "Anna Rehder", der prompt mit der ganzen Crew versenkt wurde.

Mit Lale Andersen machte Weyrich nach dem Krieg seine erste Tournee, im Hamburger Kabarett "Bonbonniere" sang und parodierte er, auf Sylt hatte er sein eigenes Kabarett-Ensemble, und mit der Wiederbelebung der deutschen Schallplattenfirmen kam für ihn die entscheidende Wendemarke hin zum Plattengeschäft.

Eine Kostprobe: "Hör mal, Fred, ich habe da gerade eine junge Angestellte rausgeschmissen, weil sie mir im Streit einen Papierkorb über den Kopf gestülpt hat", sagte der Rätselhefteverleger Semrau am Telefon zum Produzenten Weyrich. "Die hat auf unserem Betriebsfest so schön gesungen! Interessiert sie dich?"

Weyrich bestellte Doris Nefedov zum Vorsingen, bot ihr nach einer halben Stunde einen Fünf-Jahres-Vertrag an, gab ihr den Künstlernamen Alexandra und schoss die Unbekannte mit der ersten gemeinsamen Langspielplatte hoch auf den Regenbogen. Ein Star war geboren . . .

Fred Weyrich, der Alleskönner, soll - wie es sein letzter Wille war - am Ammersee im engsten Familienkreis beigesetzt werden.