Hamburg. Seit einem Jahr gibt es das Gefährt, das Blumen und Büsche mit Wasser versorgt. Wie es dazu kam und warum es auch Kritik gibt.

Wenn sich die Türen des Friedhofes Blankenese am Abend schließen, dann beginnt die Arbeitsschicht für den Gießroboter. Autonom setzt sich das Gefährt zur eingestellten Zeit in Bewegung, fährt selbstständig die Wege ab, hält bei den Gräbern, die bewässert werden sollen und steuert auch die jeweiligen Büsche und Bäume mit dem Wasserstrahl direkt an. Ist der Tank leer, fährt es zu einer der vier Tankstellen auf dem Areal.

Was etwas surreal klingen mag, ist bereits Realität auf dem Friedhof in den Elbvororten. Seit etwa einem Jahr setzt Dennis Ruge, Chef der gleichnamigen Friedhofsgärtnerei am Sülldorfer Kirchenweg, auf den technischen Mitarbeiter, der keine Nachtruhe kennt und reibungslos seine Arbeit tut. Zumindest im Regelfall.

Friedhof Blankenese: Bei einem Hindernis bricht der Roboter „Mission gießen“ ab

Denn taucht ein unerwartetes Hindernis vor dem Roboter auf, er verliert die Orientierung bei Regen oder kann aufgrund von wuchernden Zweigen seinen gewohnten Weg nicht mittels Sensor erkennen, dann bricht er die „Mission gießen“ ab. Seinen Besitzer Dennis Ruge erreicht in solchen Fällen eine Benachrichtigung „Danger Index“. Der Chef des Familienbetriebes in dritter Generation hat die Wahl: Abbruch, Drüberfahren oder vor Ort nachsehen, was das Problem ist.

Da der Roboter die Gegenstände erfasst und die Größen sowie den Standort übermittelt, kann der 38-Jährige aufgrund seiner Erfahrungen und Ortskenntnisse meistens erkennen, wo das Problem liegen könnte und eine Wahl treffen. „Anfangs war es ein merkwürdiges Gefühl, den Gießroboter so über Nacht allein zu lassen“, erinnert sich Ruge. Mittlerweile sei das Gefährt zu einem guten Helfer geworden.

Nachts auf dem Friedhof unterwegs: Gießroboter spart viel Wasser ein

Vor der Anschaffung des Gießroboters seien Mitarbeiter der Friedhofsgärtnerei zweieinhalb Tage damit beschäftigt gewesen, um alle Pflanzen zu bewässern, für deren Pflege das Unternehmen zuständig ist. Heute wäre es etwa ein halber Tag, berichtet Ruge. Auch jetzt muss noch selbst gegossen werden. Denn es gibt Bereiche, die der Wasserstrahl vom Weg aus nicht erreicht. Zudem schaffe der Roboter auch nicht alle Gräber innerhalb einer Woche. Für 800 sei er zuständig. „Damit ist er voll ausgelastet“, erklärt Ruge.

Der Gießroboter macht sich vollautomatisch auf den Weg, wässert exakt die Gräber auf dem Blankeneser Friedhof in Sülldorf, für die er zuständig ist. Die Daten wurden vorher alle eingespeist.
Der Gießroboter macht sich vollautomatisch auf den Weg, wässert exakt die Gräber auf dem Blankeneser Friedhof in Sülldorf, für die er zuständig ist. Die Daten wurden vorher alle eingespeist. © Thorsten Ahlf | Thorsten Ahlf

Dadurch spare er aber keinen Mitarbeiter ein, vielmehr könnten sich die vorhandenen Angestellten besser auf die Pflege konzentrieren, betont der Firmenchef. Der Fachkräftemangel war ein Grund für den Unternehmer, in den Gießroboter rund 100.000 Euro zu investieren. Der andere sei das effektive Bewässern.

Friedhof Hamburg: Erster Gießroboter der Stadt ging in Rahlstedt an den Start

„Wir sparen sehr viel Wasser ein, durch das nächtliche Gießen, auch für die Pflanzen ist es besser“, erklärt der 38-Jährige. Das hätte ihn besonders überzeugt, als die Herstellerfirma von Rainos – so heißt der vollautomatische Gießhelfer für den Friedhof – auf ihn zukam.

Das Unternehmen Innok Robotics mit Sitz bei Regensburg vertreibt autonome mobile Roboter für verschiedene Bereiche. Der erste Rainos seiner Art ging in Hamburg auf dem Friedhof in Rahlstedt vor vier Jahren an den Start. Die Neuanschaffung auf dem Friedhof Blankenese ist der zweite in der Hansestadt, wobei sich Dennis Ruge vorstellen könnte, einen weiteren zu erwerben. Allerdings erst in ein bis zwei Jahren und vielleicht auch in Zusammenarbeit mit der hiesigen Friedhofsverwaltung.

Kritik am Gießsystem: Besucher findet Tankstellen „absolut hässlich“

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Wobei es dabei weniger um den Gießroboter selbst als vielmehr um die dafür benötigten Tankstellen geht. Der gebürtige Hamburger Reinhold Ehlers, der heute in Berlin lebt, besuchte vor Kurzem das Grab seiner Angehörigen auf dem „wunderschönen Friedhof Blankenese“ in Sülldorf und bekam einen Schreck.

„Mit großem Entsetzen musste ich feststellen, dass neuerdings an mehreren Stellen die Parklandschaft durch Wasserzapfeinrichtungen für automatische Grabbewässerungen mittels Tankroboter auf völlig unverständliche Weise verunstaltet wurde“, berichtet er. Sie seien absolut hässlich, würden die zur Besinnung und Erholung so harmonische Parklandschaft stören und der Auftankrüssel würde gefährlich in den Weg hineinragen.

Friedhof Blankenese: Tankstellen für Roboter sollen verschönert werden

„Es geht mir nicht darum, moderne und offenbar notwendige technische Anlagen zu verdammen. Aber solche Anlagen sollten doch mindestens ein anspruchsvolles und zugleich der Parklandschaft angemessen zurückhaltendes Design haben“, fordert er und fürchtet, es könnten bald auch auf weiteren Hamburger Friedhöfen solche Anlagen geben.

Auf dem Friedhof Blankenese wurden vier Tankstellen für den Gießroboter aufgestellt. Das Füllen des Wassertanks funktioniert ebenfalls automatisch. Die „Gestaltung“ der Aufladestation wird allerdings von manchen Besuchern als sehr hässlich kritisiert.
Auf dem Friedhof Blankenese wurden vier Tankstellen für den Gießroboter aufgestellt. Das Füllen des Wassertanks funktioniert ebenfalls automatisch. Die „Gestaltung“ der Aufladestation wird allerdings von manchen Besuchern als sehr hässlich kritisiert. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Friedhofsgärtner Dennis Ruge kann in mehrfacher Hinsicht Entwarnung geben. Zum einen stehen die Tankstellen nur im Sommer auf dem Friedhof, also während der Hochsaison. Zum Winter hin werden sie abgebaut. Außerdem sollen die Tanks samt Zapfanlage hübscher gestaltet werden. „Wir sind uns da einig, dass die Tankstellen unansehnlich sind und es ist in Planung, dass sie schöner werden“, so Ruge.

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Es gebe Überlegungen, sie mit Holz zu verkleiden, oder Hecken darum zu setzen. Das müsse mit der Friedhofsverwaltung und mit der Herstellerfirma abgestimmt werden. „Auch das Unternehmen selbst ist an einer guten Lösung interessiert, die man grundsätzlich anwenden kann“, weiß Ruge. Wichtig wäre, bei allem schönen Äußeren, dass die Funktion nicht eingeschränkt wird und der Sensor die Tankstation weiterhin finden kann. Sonst laufe Wasser daneben und der Spar-Effekt sei weg.

Dafür hat Kritiker Reinhold Ehlers Verständnis und schlägt vor als Bauingenieur und Architekt: „Ich helfe sonst gern ehrenamtlich mit, dass eine gute Lösung gefunden wird und gebe Tipps. Am Ende ist das die Zukunft, das ist doch klar.“