Hamburg (dpa/lno). Die hohen Infektionszahlen sorgen für einen Engpass bei der Notfallversorgung in Hamburg. Viele Menschen mit Atemwegserkrankung drängen in Notfallpraxen und Notaufnahmen. Nicht selten ist dort auch das Personal krank. Der Engpass sorgt für Streit.

Im Streit um akute Engpässe bei der Notfallversorgung in Hamburg haben die Kassenärzte Forderungen der Asklepios Kliniken „als weltfremd und unsinnig“ zurückgewiesen. Der Klinikkonzern hatte vor bedrohlichen Zuständen gewarnt und von den niedergelassenen Ärzten mehr Einsatz gefordert, um die Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern.

„Wer vom Rettungsdienst mitgenommen wird, ist kein Fall für die ambulante Versorgung, sondern für das Krankenhaus“, sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH), John Afful, am Mittwoch. „Der Asklepios-Konzern soll bitte seine ureigenen Aufgaben selbst erfüllen und nicht versuchen, diese auf andere abzuwälzen.“

Asklepios hatte am Dienstag von dramatischen Zuständen in der Notfallversorgung berichtet. Aktuell verschärften Atemwegsinfekte den Fachkräftemangel und führten zu erheblichen Personalausfällen und einer Überlastung des ganzen Systems, hieß es. Unter anderem wurde gefordert, dass Rettungsdienste bei Fällen, die absehbar nur einer ambulanten Behandlung bedürfen, auch die Notfallpraxen der Kassenärztlichen Vereinigung oder Medizinische Versorgungszentren der niedergelassenen Ärzte anfahren sollten.

„Die Behauptung von Asklepios, dass die Krankenhäuser die aktuelle Ausnahmesituation überwiegend alleine stemmen würden, ist an Absurdität kaum zu überbieten“, sagte Afful. Auch die Praxen der Haus- und Kinderärzte und vieler Fachärzte seien derzeit überfüllt und die Praxisteams am Limit. „Die Praxen versorgen viel mehr Fälle als in vergangenen Jahren.“

Außerdem habe die KVH die Notfallversorgung außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. „Wir betreiben inzwischen acht Notfallpraxen - die meisten davon an Krankenhäusern“, sagte Afful. Der Asklepios-Forderung nach Einrichtung einer Task Force aller an der Notfallversorgung Beteiligten unter Leitung der Stadt stehe die KVH aber sehr positiv gegenüber.

Laut Asklepios ist die Lage so ernst, dass kritisch Erkrankte zum Teil vom Rettungsdienst in Kliniken außerhalb der Stadt gebracht werden mussten. Seit Montag sei es Notaufnahmen und Intensivstationen der Hamburger Kliniken auf Anweisung der Behörden nicht mehr erlaubt, sich bei Überlastung zumindest für ein oder zwei Stunden bei der Leitstelle des Rettungsdienstes abzumelden.

In der für Gesundheit zuständigen Sozialbehörde betonte man, dass Hamburg über ein breites Versorgungsangebot von niedergelassenen Ärzte, Notfallpraxen und Krankenhäusern verfüge. „Wer in eine medizinische Notlage kommt, wird in diesem dichten Netz von Angeboten Hilfe finden und versorgt werden“, sagte Behördensprecher Martin Helfrich der Deutschen Presse-Agentur.

Zugleich räumte er ein, dass wegen der hohen Zahl von akuten Infektionsfällen in Verbindung mit der davon ebenfalls betroffenen Personaldecke „die Situation und die Planbarkeit der Versorgung aktuell schwieriger als üblich“ sei. „Das liegt auch daran, dass Fälle, die in den Praxen niedergelassener Ärzte behandelt werden könnten, mitunter die Notfallversorgung in den Krankenhäusern in Anspruch nehmen, wenn sie im Bereich der Praxen nach eigener Wahrnehmung kein passendes Versorgungsangebot vorfinden“, sagte er.

Nach Aufforderung durch die Behörde bemühe sich die Kassenärztliche Vereinigung gegenwärtig darum, hier weitere Verbesserungen umzusetzen, etwa durch zusätzliche Angebote, sagte Helfrich. „In den Krankenhäusern können daneben Handlungsspielräume entstehen, indem planbare Eingriffe zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt werden.“

Für den Task Force-Vorschlag zeigte auch er sich offen. Man stehe mit der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft zum Thema Notfallversorgung in regelmäßigem Austausch. „Über diese ohnehin stattfindenden, regelmäßigen Gespräche hinaus steht die Behörde auch für eine gemeinsame Runde unter Führung der Stadt zur Verfügung.“