Hamburg (dpa/lno). Die Vergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark hat viele Emotionen hervorgerufen. Nach Verurteilung von neun jungen Männern wird die Vorsitzende Richterin zur Zielscheibe von Hassbotschaften in sozialen Medien.

Einen Tag nach der Verkündung der Urteile im Prozess um eine Vergewaltigung im Hamburger Stadtpark hat sich der Hamburgische Richterverein bestürzt über persönlichen Angriffe in sozialen Medien auf die Vorsitzende der Jugendkammer am Landgericht gezeigt. „Dabei wird mehr oder weniger verhüllt zur Gewalt gegen die Richterin aufgerufen und der Wunsch geäußert, sie möge selbst Opfer einer Vergewaltigung werden“, erklärte der Verein, zu dem auch Staatsanwälte angehören, am Mittwoch.

Es handele sich um einen gezielten Angriff auf den Rechtsstaat. Die zuständige Kammer habe in einem aufwendigen Verfahren eine Vielzahl von Beweisen erhoben und sei zu einem differenzierten Urteil gelangt. Die Hassbotschaften beschränkten sich ohne Kenntnis der Hintergründe des Falles auf einseitige Polemik und persönliche Angriffe gegen die Richterin. Verurteilungen zu Jugendstrafen mit Bewährung, die eine der schärfsten Sanktionen des Jugendrechts darstellten, würden als Freisprüche bezeichnet. „Der Hamburgische Richterverein verurteilt derartiges Verhalten auf das Schärfste und steht solidarisch hinter seiner Kollegin“, erklärte die Vorsitzende des Vereins, Heike Hummelmeier.

Die Jugendkammer hatte am Dienstag neun Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt. Ein zehnter Angeklagter wurde freigesprochen, wie schon ein ursprünglich elfter Beschuldigter am vergangenen 5. April. Die Jugendstrafen von ein bis zwei Jahren für acht Angeklagte setzte die Kammer zur Bewährung oder der sogenannten Vorbewährung aus. Nur ein 19-Jähriger bekam eine härtere Strafe, und zwar zwei Jahre und neun Monate Haft ohne Bewährung.

Nach Überzeugung des Gerichts hatten die Verurteilten im Alter zwischen 19 und 23 Jahren im September 2020 eine damals 15-Jährige vergewaltigt. Dabei hätten sie ausgenutzt, dass die Jugendliche nach dem Besuch einer Party erhebliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigte. Der Prozess dauerte über anderthalb Jahre und fand bis auf Teile der Urteilsverkündung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.