Hamburg. In zwei Dörfern der Vier- und Marschlande wurden Junge unter dem Nest im Gras gefunden. Jetzt ist Storchenvater Jürgen Pelch gefragt.

Auf dem Hof Blanke am Altengammer Elbdeich in den Vier- und Marschlanden wollten Petra und Georg Weber, Anette Eitner und Romina Plotzky eigentlich ihre Pferde betreuen. Doch plötzlich hatte ein ganz anderes Tier ihre volle Aufmerksamkeit: Sie beobachteten, wie ein Elterntier im Storchennest eines seiner Küken mit dem Schnabel packte und aus dem Nest stieß. Die Vier eilten sofort an den Fuß des Nestes, wo das Küken im hohen Gras saß und so den Sturz aus neun Metern Höhe überlebt hatte.

Storchenvater der Vier- und Marschlande kümmert sich um die Küken

Umgehend wurde Storchenvater Jürgen Pelch aus Kirchwerder alarmiert, der den vier Wochen alten Storch in seine Obhut nahm. Gebettet auf weichem Stroh in einer Blechwanne, bekommt er dort Wasser tröpfchenweise mit einer Spritze in den Schnabel und alle zwei bis drei Stunden klein geschnittenen Seelachs und Regenwürmer serviert.

„Er hat einen gesegneten Appetit, sodass ich sehr optimistisch bin, dass aus ihm in sieben Wochen ein stattlicher Storch wird“, sagt Jürgen Pelch. Zumal er wenig später sogar Gesellschaft bekam: Am Kirchwerder Hausdeich wurde ein drei Wochen altes Küken aus dem Nest geworfen, landete darunter weich in einem Komposthaufen.

Im optimalen Fall können die Küken zurück ins Nest gesetzt werden

Für Jürgen Pelch sind zwei Jungvögel, die innerhalb von so kurzer Zeit aus verschiedenen Nestern geschmissen werden, ein alarmierendes Zeichen: „Wenn Störche Junge aus dem Nest werfen, deutet das immer daraufhin, dass es zu wenig Nahrung gibt“, erklärt Jürgen Pelch, der sich seit mehr als 45 Jahren ehrenamtlich für den Storchenschutz engagiert.

Wegen der extremen Trockenheit in diesem Frühjahr seien kaum Schnecken und Regenwürmer zu finden, die bei den Störchen ganz oben auf dem Speiseplan stehen. Bleibe zu hoffen, dass der Regen vom Dienstag ein wenig Abhilfe schaffe, so Jürgen Pelch, der auch die Bevölkerung nun um erhöhte Aufmerksamkeit bittet, vor allem rund um und unter Storchennestern die Augen aufzuhalten.

Jürgen Pelch erwartet reichen Nachwuchs

Im vergangenen Jahr hatte die Familie Pelch am Süderquerweg ebenfalls zwei Jungstörche aufgepäppelt. Im optimalen Fall können sie irgendwann zurück in ein Nest gesetzt werden, in dem sich nur ein bis zwei Küken befinden, erklärt Pelch. Sollte dies nicht gelingen, werden sie in die Storchenpflegestation Erfde, gebracht. Von dort aus wurden auch die beiden aufgepäppelten Störche im vergangenen Jahr erfolgreich ausgewildert, berichtet Jürgen Pelch.

Insgesamt deutet die Anzahl der Brutpaare darauf hin, dass es wieder reichen Storchennachwuchs in Hamburg geben könnte: Etwa 40 Paare zählte Jürgen Pelch und damit genauso viele, wie in 2021. Da hatten 29 Paare Bruterfolg und haben 77 Jungtiere großgezogen. Das war nach 2014 ein neuer Rekord. „Es bleibt spannend, ob in diesem Jahr diese Brutzahlen annähernd erreicht werden“, sagt Jürgen Pelch.

Im Juni werden die Küken gezählt

Im Juni wird sich Jürgen Pelch auf den Weg machen, um die diesjährige Anzahl der Küken zu zählen. „Die Paare, die spät aus dem Süden heimgekehrt sind, brüten derzeit noch“, erklärt der Storchenvater. Das Gelege mit etwa drei bis fünf Eiern wird von beiden Partnern 32 bis 33 Tage bebrütet. Nach etwa zwei Monaten verlassen die Jung­vögel dann das Nest.

Einen Blick in das Nest und das Brutgeschehen bei den Internetstörchen Erna und Fiete gibt es im Internet unter www.nabu-hamburg.de/storchen webcam.