Bergedorf. Aufbegehren gegen Nazis, Dystopien und Piratenprobleme: Was der Nachwuchs beim Theaterevent des Bezirksamts Bergedorf anbietet.

Was machen wir da eigentlich auf der großen Bühne? Wollen wir lustvoll agieren, Dinge hinterfragen, Stoffe umschreiben, möglicherweise ganz bewusst politisch sein? Klassiker auswendig zu lernen bereitet den Darstellern zwar auch Spaß, ist aber bei den diesjährigen Jugendtheatertagen (JTT) vom 6. bis 12. Juli im Körberhaus nicht das dominierende Element.

Die junge Generation liebt es bei den insgesamt fünf Beiträgen, Stoffe neu zu interpretieren und meinungsstark zu sein. Wobei der Unterhaltungsfaktor im Lichtwarktheater nicht zu kurz kommen wird. Der Beginn bietet unterhaltsame Kost: Am Sonnabend, 6. Juli, eröffnen um 18 Uhr die Lola Kids (11 bis 14 Jahre) mit „Seeräubermoses“ die JTT 2024 und bieten wohltuend derbe Sprache und wellenerprobte Bühnenkulisse an.

Kultur in Hamburg: Jugendtheatertage: unterhalten – aber auch Dinge hinterfragen

Was fangen Piraten mit einem auf hoher See an Bord gezogenem Baby aus einem Waschzuber an? Spannende Frage, kurzweilige Antworten – das ist das Versprechen der Lola Kids unter der Leitung von Bärbel Granzow, die mit immer neuen spielfreudigen Gruppen beim Theaterevent des Bezirksamts glänzt.

Nach dem langen Wochenende wird es am Dienstag, 9. Juli, um 17 Uhr bei der Aufführung der 8. Klasse der Freien Schule Mölln dramatisch. Die Schüler spielen ihre Version des umstrittenen Sozialexperiments „Die Welle“, schlüpfen unter der Anleitung eines Geschichtslehrers in die Rollen von Faschisten und Andersdenkenden. Was bekanntlich aus dem Ruder läuft: „Wir hatten mehrere Stücke zur Auswahl, ,Die Welle‘ hat sich nach demokratischer Wahl durchgesetzt“, berichtet Darsteller Lorenz Ewe (14).

Worauf es der Jury bei all den Vorführungen ankommt

Interessant aufbereitet, mit zwei Zeitebenen, kommt „Sophie Scholl“ am Mittwoch, 10. Juli, um 19.30 Uhr daher. Das Drama, gespielt vom Jugendensemble 1 des „theater im e.novum“ aus Lüneburg, begibt sich zum einen auf Spurensuche bei der Hauptfigur und ihrem Aufbegehren gegen das Hitler-Regime, zum anderen werden die erschütternden Verhöre von Sophie Scholl nach ihrer Verhaftung dargestellt. Das wird bedrückend, ehrlich und sicher künstlerisch aufwendig.

Abgerundet werden die JTT mit einem Doppelschlag aus der Stadtteilschule Bergedorf (GSB). Am Donnerstag, 11. Juli, um 19 Uhr mit „Manifest der Jugend“ und am Freitag, 12. Juli, um 17 Uhr mit „Kontrastmittel: Shakespeare und das wahre Leben“. Beides sind Eigenproduktionen unter den jeweiligen Leitungen von Patricia Reimers und Bernd Ruffer, die bewusst mit ihren Profilklassen eigene Wege gehen wollen.

Elemente aus Hamlet auf das heutige Leben projiziert

Im „Manifest der Jugend“, einer von den Schülern kreierten Dystopie, geht es um die Frage: Wie frei kann ich im System agieren? Bin ich überhaupt frei? Die Darsteller wünschen sich nach ihrem 45-Minuten-Auftritt eine lebhafte Diskussion mit dem Publikum.

Und in der Shakespeare-Adaption der GSB-Profilklasse Geschichte und Theater wurde richtig herumgefuhrwerkt: „Wir haben Elemente aus Hamlet als Grundlage genutzt und sie auf das heutige Leben mit seinen Konflikten um Flucht, Rassismus, Zivilcourage und so weiter projiziert“, beschreibt GSB-Schüler Torben Bauer (17) den Ansatz von „Kontrastmittel“. Ein Stück, das laut Lehrer Ruffer „unter die Haut“ gehen wird: „Aber es wird auch viel gelacht.“

Jugendtheatertage 2025 sind schon in Vorbereitung

Doch wer lacht am Schluss? Nach dem fünften Beitrag der JTT folgt am Freitagabend um 19.30 Uhr die Preisverleihung. Die Jury besteht aus dem stellvertretenden Bezirksamtschef Ulf von Krenski – selbst passionierter Laien-Theaterschauspieler –, der Organisatorin der JTT Lena Stich sowie Michael Schwinning. Letztgenannter ist Theaterlehrer und betont, worum es geht – nämlich um keinen Wettstreit im Sinne eines Rankings: „Wir haben mehr die Perspektive von außen, schauen auf die Kombination von Vorhaben und Umsetzung der Stücke.“

Die Jugendtheatertage im Körberhaus steigen in diesem Jahr zum 44. Mal und waren schon immer der Ort, an dem nicht-professionelle Spielgruppen auf einer mit modernster Technik ausgestatteten Bühne ihre Produktionen aufführen. An den jeweiligen Spieltagen gehört das Theater ausschließlich den angesetzten Gruppen. Eintrittspreis pro Abend: 6 Euro für Erwachsene, 3 Euro für Jugendliche. Diese Seite bietet weitere Infos: koerberhaus.de/lichtwarktheater

Auch interessant

Das Bergedorfer Bezirksamt macht schon mal Werbung für die nächste Ausgabe der Jugendtheatertage 2025. Anmeldungen und Anfragen unter der Mailadresse jugendtheater@bergedorf.hamburg.de.