Hamburg. Ghanaer ist in der Schule beliebt, schreibt gute Noten und hat beste Aussichten auf das Abitur. Seit seinem Geburtstag droht dies zu zerbrechen.

Mehr als 23.400 Menschen haben bereits eine Petition unterschrieben, die einen jungen Hamburger vor der Abschiebung bewahren soll. Joel Amankwah ist sein Name. Vor vier Jahren kam er aus Ghana nach Deutschland. Er besucht die Klasse 11 a der Nelson-Mandela-Stadtteilschule in Wilhelmsburg und ist bei seinen Mitschülern sehr beliebt.

Seine Klassenlehrerin Elif Basboga beschreibt ihn als „engagiert und fleißig.“ Er schreibe gute Noten und sei auf dem besten Wege, in zwei Jahren das Abitur zu machen. Er lebt mit seinem Vater und seiner sechs Jahre alten Schwester in der Hansestadt. Das alles klingt wie der Anfang einer schönen, erfolgreichen Integrationsgeschichte. Doch vor Kurzem wurde Joel 18 Jahre alt – und seitdem drohen die Erfolge der vergangenen Jahre zu zerbröckeln.

Schule in Hamburg kämpft gegen Abschiebung von Joel – Tausende unterstützen

Ghana zählt laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu den sogenannten „Sicheren Herkunftsstaaten“. Wegen des dortigen demokratischen Systems und der politischen Lage sei nicht davon auszugehen, dass Menschen dort vom Staate verfolgt werden, so die Definition. Weil Joel bislang nur eine Duldung hatte und jetzt volljährig ist, meldete sich das Amt für Migration und Flüchtlinge bei ihm. Er soll in sein Geburtsland rückgeführt werden.

Schüler des Nelson-Mandela-Stadtteilschule in Hamburg-Wilhelmsburg kämpfen gegen die geplante Abschiebung ihres Klassenkameraden Joel Amankwah.
Schüler des Nelson-Mandela-Stadtteilschule in Hamburg-Wilhelmsburg kämpfen gegen die geplante Abschiebung ihres Klassenkameraden Joel Amankwah. © Nelson-Mandela-Gymnasium/Carsten Frömchen | Nelson-Mandela-Gymnasium/Carsten Frömchen

Lehrer und Schüler seiner Klasse, und ganz viele weitere Hamburger, können das kaum glauben. „Für mich ist das unbegreiflich“, sagt Basboga, die den jungen Mann in Mathematik und Deutsch unterrichtet. Nicht nur, weil dies einem jungen Menschen möglicherweise die Zukunft verbaue. Er würde von seiner Familie getrennt werden. Sein Vater lebt nämlich seit sieben Jahren in Deutschland, arbeitet als Lagerist und besitzt nach Abendblatt-Informationen einen Aufenthaltstitel. Er darf mit seiner Tochter, Joels Schwester, also bleiben. Unbegreiflich ist das für Basboga auch, weil der Fachkräftemangel in aller Munde ist und Deutschland fleißige Menschen wie Joel brauche.

Abschiebung von Hamburger Schüler: Das sagt das Ausländeramt dazu

Wieso wurden seine Lebensumstände nicht bei der Entscheidung berücksichtigt? Zu den genauen Hintergründen äußert sich das Hamburger Amt für Migration und Flüchtlinge nicht. Eine Mitarbeiterin erklärte dem Abendblatt, dass man zu Einzelfällen „aus Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte“ keine Auskunft gebe.

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Lehrer und Schüler kämpfen nun schon seit Tagen dafür, dass ihr Klassenkamerad in Hamburg bleiben und sein Abitur ablegen darf. Unter anderem schrieben sie den Verantwortlichen mehrere Stellungnahmen. Darin bescheinigen sie ihrem Schüler und Klassenkameraden Joel, dass er eine Bereicherung für die Schule sei, und bitten darum, von seiner Abschiebung abzusehen. Auf Instagram wurden zudem Videos hochgeladen.

Hamburger Schüler und Lehrer rufen eine Petition ins Leben: Mühe trägt Früchte

Erst am Mittwoch streiften rund 200 Schülerinnen und Schüler durch die Innenstadt, sie gingen über die Reeperbahn, den Jungfernstieg und durch Altona. Mithilfe von Flyern wollen sie die Menschen aufrütteln und auf diesen Fall aufmerksam machen. So viele Menschen wie möglich sollen an der Petition teilnehmen.

Die Petition wurde auf der Plattform Innn.it eingerichtet. Auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) wirbt inzwischen für die Aktion.

Schüler aus Wilhelmsburg engagieren sich, um ihrem Klassenkameraden zu helfen

Lehrerin Basboga erklärt, dass sich auch ganz viele Schüler für Joel engagieren, die ihn überhaupt nicht kennen. Es gehe ihnen darum, zu helfen. Und der Kampf, die ganze Mühe, scheint Früchte zu tragen. Es keimt Hoffnung auf.

Nicht nur, dass bislang mehr als 23.400 Menschen (Stand 3. Juli, 15 Uhr) ihren Namen auf die Petition gesetzt haben. Viele der Angesprochenen in Hamburgs Fußgängerzonen hätten das schon von der Aktion mitbekommen, erzählten die Schüler ihrer Lehrerin. Und je mehr Aufmerksamkeit der Fall erlangt, desto mehr Wirkung entfalten die Aktionen, die Joels Abschiebung verhindern sollen.

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Mithilfe einer Anwältin gelang es Joel und seinen Unterstützern, das Thema in die Hamburgische Bürgerschaft zu tragen. Und dies entfalte „derzeit eine aufschiebende Wirkung“, heißt es vonseiten des Migrationsamtes, „sodass aktuell keine Rückführung in Vorbereitung ist.“ Unklar ist momentan, inwieweit die Aktionen die drohende Abschiebung verhindern können. Der Kampf geht also weiter.