Harburg. Pionierinsel liegt versteckt neben Naturschutzgebiet am Südufer der Elbe. Warum der verträumte Fleck auch die Stadtplaner interessiert.

Wer als Harburger Gymnasiast Ruderunterricht hatte oder sich aktuell sportlich durch das Wasser bewegt, kennt den Diamantgraben und die Pionierinsel. Ansonsten ist die verträumte Ecke am Ufer der Süderelbe nicht vielen Menschen ein Begriff. Höchstens noch den Gästen der Inselklause.

Der grüne Fleck östlich des Harburger Binnenhafens ist in den Blick der Stadtplaner gerückt. Der angrenzende Schweenssand ist dagegen seit 1993 der Natur vorbehalten.

Harburgs unbekannte Ecken: Eine Insel als Grüne Oase – und ein Naturschutzgebiet

„Östlich des Binnenhafens, im nordwestlichen Teil von Neuland, bestehen mit der Pionierinsel und dem Spielplatz am Schweenssand-HauptdeichOrte mit strukturellen Defiziten. Diesen Defiziten (...) kann mit dem Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) begegnet werden“, steht im Antrag des Bezirksamts zur Förderung der Erholungs- und Freizeitangebote im Mischquartier Binnenhafen durch das städtische RISE-Programm.

Der kurze Spazierweg auf der Pionierinsel am Ufer der Süderelbe ist zugewachsen und lässt kaum Blicke auf den Fluss zu.
Der kurze Spazierweg auf der Pionierinsel am Ufer der Süderelbe ist zugewachsen und lässt kaum Blicke auf den Fluss zu. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Um mehr Grün ins Fördergebiet zu bekommen, wurde der östliche Uferabschnitt jenseits der Bahnbrücken an das Hafenviertel angedockt.

Das RISE-Gebiet „Harburger Binnenhafen/Neuland Nordwest“ soll nun bis Ende 2029 unter reger Beteiligung von Anwohnern und sonstigen Interessierten unter anderem den Freizeitwert der Harburger Hafenkante steigern. Inklusive der grünen Freizeitinsel zwischen der Bahnbrücke über die Süderelbe und dem Naturschutzgebiet (NSG) Schweenssand.

Ruderer, Kanuten und Segler haben hier ihre Bootshäuser

Abgesehen von Ruderern, Kanuten und Seglern, die auf der Pionierinsel ihre Bootshäuser haben, wird sie wenig besucht. Das gilt umso mehr, seit zum Jahreswechsel die Inselklause geschlossen hat. Das Konzept vom Gastwirt Andreas „Köni“ Koenecke lautete: im Sommer Biergarten, im Winter Restaurant. Doch in der kalten Jahreszeit blieben die Gäste aus.

Die Klause ist verwaist. Hinter ihr führt ein Spazierweg an der Süderelbe entlang, der eigentlich nur an zwei Sitzbänken zu erkennen ist. Dichte Ufervegetation versperrt die Sicht auf den Fluss. Der Weg endet am Gelände des Ruder-Clubs Süderelbe. Mit dem Hinweis: „Privatgelände. Zutritt nicht gestattet“. Der schattige Weg wird offenbar wenig genutzt. Ab und an werfen Angler am mit Steinen befestigten Ufer ihre Ruten aus.

Wassersportvereine haben ihre Stege am Diamantgraben

Auf der Südseite ist mehr los. Hier macht der Diamantgraben die Pionierinsel (nahezu) zur Insel. Das kleine Seitengewässer der Süderelbe ist in diesem, seinem östlichen Abschnitt mit acht Steganlagen ausgestattet. Hier gehen Ruderer und Kanuten zu Wasser, liegen Boote der Harburger Wandersegler. Auf der Seite des Neuländer Hauptdeichs befinden sich der Hausboothafen Hamburg und die Bootsmotoren-Werkstatt von Holger Suck.

Im Diamantgraben sind mehrere Bootsvereine beheimatet. Vorn die Steganlage der Harburger Wandersegler.
Im Diamantgraben sind mehrere Bootsvereine beheimatet. Vorn die Steganlage der Harburger Wandersegler. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Was genau auf und mit der Pionierinsel und dem jenseits des Hauptdeichs liegenden Spielplatz geschehen wird, muss im Rahmen des RISE-Projekts noch entwickelt werden. Dagegen ist die Zukunft des angrenzenden Schweenssand klar: Hier soll sich nur noch die Natur entwickeln. Vielleicht mit ein bisschen Nachhilfe seitens der Stiftung Lebensraum Elbe.

Stiftung Lebensraum Elbe entwickelt Schutzgebiet Schweenssand

Die städtische Stiftung hat an einigen Stellen des fast vier Kilometer langen Schutzgebietes die Steinschüttungen am Flussufer abgesenkt und dadurch die dahinter liegenden Bereiche stärker der Tide ausgesetzt. Ziel ist es, am Südufer ein ähnlich wertvolles Auwaldgebiet wiederherzustellen wie auf der anderen Flussseite. Dort befindet sich das NSG Heuckenlock, eine Sumpf- und Wasserwildnis mit ausgedehnten Auwäldern.

NSG Schweenssand: Bei Niedrigwasser suchen Wasservögel im Schlick des großen Priels nach Nahrung.
NSG Schweenssand: Bei Niedrigwasser suchen Wasservögel im Schlick des großen Priels nach Nahrung. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

„Generell gehören die beiden Naturschutzgebiete zu den an artenreichsten Flächen Hamburgs“, so die Umweltbehörde. „Beide Naturschutzgebiete sind aufgrund ihrer landschaftlichen Beschaffenheit und der biologischen Vielfalt einmalig in Europa und beherbergen zudem zwei Arten aus dem Pflanzenreich, die es in der ganzen Welt nicht noch einmal gibt.“ Gemeint sind der Schierlings-Wasserfenchel und die Wiebelsschmiele.

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1993 wurde der Schweenssand zum Naturschutzgebiet. Er ist stärker durch Menschen geformt und beansprucht worden als das Heuckenlock. So wurde vor rund 50 Jahren beim Bau zweier westlich der A1 gelegenen Yachthäfen Aushub im Elbvorland abgelagert.

Neuer Auwald am Harburger Elbufer

Die Sportbootvereine mussten im Herbst 2011 ihr Terrain räumen und wurden im Harburger Binnenhafen untergebracht. Und auch der Aushub ist weggeräumt: Im Oktober 2022 transportierten Lkw täglich viele Kubikmeter sandigen Boden ab. Auch diese Naturschutzmaßnahme finanzierte die Stiftung Lebensraum Elbe.

Im NSG Schweenssand lassen Gerwin Obst und Elisabeth Klocke von der Stiftung Lebensraum Elbe eine Aufschüttung abtragen, um Raum für Auwald zu schaffen.
Im NSG Schweenssand lassen Gerwin Obst und Elisabeth Klocke von der Stiftung Lebensraum Elbe eine Aufschüttung abtragen, um Raum für Auwald zu schaffen. © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Deren Geschäftsführerin Elisabeth Klocke schließt nicht aus, dass auch in diesem Abschnitt des Harburger Elbufers noch Entwicklungsmaßnahmen vollzogen werden.

„Im Moment beobachten wir die Fläche, auf der wir bis zu 1,5 Meter Boden abgetragen haben. Es sieht so aus, dass dort, wie gewünscht, allmählich ein Auwald aufwächst. Und auch die Bereiche, in denen Steinschüttungen reduziert wurden, entwickeln sich gut; am besten sieht es bei den älteren Maßnahmen aus. Wir werden sehen, wie schnell die Entwicklung fortschreitet. Und greifen vielleicht noch mal ein bisschen ein, um sie zu fördern.“