Um die Wette schlaugeschnackt: Der erste Poetry Slam op Platt im Ohnsorg Theater war eine Premiere, die ebenso gelungen wie überfällig war.

Hamburg. Wer hätte das gedacht? Nicht nur jüngere Besucher in Freizeitkleidung strömten zum ersten Poetry Slam op Platt ins Ohnsorg Theater, sondern auch reife Semester im adretten Ausgehstaat fanden sich im sehr gut gefüllten Theater ein. Und wer hätte auch das gedacht? Hamburgs Plattsnacker ließen sich von lokalpatriotischen Versuchungen und parteiischen Gedanken bei diesem als Wettbewerb ausgetragenen Poetry Slam nicht beirren.

Nils Owe Krack, als Schauspieler der niederdeutschen Bühne ein Lokalmatador, als Slammer aber ein Laie, flog am Sonntag bereits in der ersten Runde aus dem Rennen um die Siegespalme des besten plattdeutschen Slam-Poeten. Da war also nix mit Heimvorteil, obwohl er eine ganz zauberhafte Weihnachtsgeschichte in petto hatte, die er mit schauspielerischer Finesse vortrug.

Sven Kamin, seinem direkten Konkurrenten, einem im doppelten Sinne schwergewichtigen Slam-Profi mit literarischem Feingefühl konnte er nicht Paroli bieten. Doch einer hatte am Ende die Stirn, der drönbüdelige, etwas spillerige Jan Ladiges, Landschaftsgärtner und Hobby-Slammer mit Schelmenwitz: „Genau genommen bin ich Dichter. So, nu is Schluss, nu kommt de Richter“, stellte er sich gefasst dem per Akklamation gefällten Richterspruch. Er gewann – gemeinsam mit Sven Kamin. Auch dieses Urteil zeugte von der unvoreingenommenen Urteilskraft des Publikums.

Eigentlich war dieser Poetry Slam op Platt im Ohnsorg überfällig. Wo Hamburg ohnehin die „Hochburg des Poetry Slam“ sei, wie Moderator Björn Högsdah wusste, bot es sich an, nach sehr erfolgreichen plattdeutschen Poetry Slams in Husum und Flensburg, wie auch hier hatte sie NDR 1 Welle Nord veranstaltet, in der Wiege des niederdeutschen Theaters auf Platt zu slammen.

Im Wettstreit trafen sich Profis – unter ihnen immerhin Größen wie Jan Graf, Matthias Stürwoldt und der promovierte Mathematiker Andy Strauss, der saftige Texte trockenen Zahlen vorzieht – und Laien mit live vorgetragenen, selbst verfassten Versen und Geschichten. Sie durften nicht länger als sechs Minuten dauern, um gegeneinander in den Ring zu steigen und sich in drei Runden auszuknocken. Freundschaftlich, versteht sich.

Im Bühnenbild von „De spansche Fleeg“ fungierten die NDR-Morderatoren Högsdah und Ines Barber als souveräne Mediatoren zwischen den Slammern und ihrem Publikum. Ihnen fiel die heikle Aufgabe zu, Lautstärke und Länge des Beifalls, die Vortrag und Inhalt galten, per Gehör zu beurteilen und zu entscheiden.

Am Ende gab es „Hippiescheiße“, wie Högsdah meinte, einen Doppelsieg, der in Ordnung ging. Auch für die Ausgeschiedenen. Sie erwiesen sich allesamt am Schluss als gute Verlierer und lagen sich in den Armen. Ohnehin gab es außer kreischendem, johlendem, von Pfiffen begleitetem Beifall außer der Ehre nichts zu gewinnen. Das Plakat, versprach Sven Kamin, wolle er in zwei Teile reißen und die eine Hälfte Jan Ladiges geben. Das nennt man Fair Play.