Berlin. Hetze, Krisen, Umbrüche: Wie schafft man es, das aufgeladene Klima zu beruhigen, will Caren Miosga von ihren zwei Gästen wissen.

„Eigentlich“, so begann Caren Miosga Sonntagabend ihre Sendung, „eigentlich müssten wir in der Tagesschau viel mehr Haare sehen.“ Immerhin bräuchten Politiker und Politikerinnen aktuell vor allem eins: ein dickes Fell. Damit spielte die Moderatorin natürlich auf die immer häufiger werdenden Angriff an. 2023 verzeichneten die Behörden 2790 Stück. Knapp doppelt so viele wie 2019. Erst am Samstagmorgen war der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter an einem Wahlkampf Stand angegriffen worden. Wieso wird der Ton immer schärfer, wollte Miosga nun von ihren zwei Gästen – Ricarda Lang, Co-Chefin der Grünen sowie den ehemaligen Ministerpräsidenten von Nordrein-Westfalen Armin Laschet – wissen.

Carmen Miosga: Das waren die Gäste der Sendung um Thema

  • Ricarda Lang, Co-Chefin der Grünen
  • Armin Laschet (CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Nordrein-Westfalen

Dieser lenkte den Scheinwerfer auf die Art und Weise, „wie wir unter uns diskutieren“ und durch die sich Menschen „ermutigt fühlen Gewalt auszuüben“. Wie rau der Umgangston in der Politik werden kann, davon kann nicht nur der ehemalige Kanzlerkandidat, dessen lachendes Foto aus dem Flutgebiet viral ging, ein Liedchen singen; sondern auch Ricarda Lang. Sie ist von Markus Söder am politischen Aschermittwoch bereits mit einem Hund verglichen worden. „Eine Verrohung der Sprache bringt auch eine Verrohung der Gesellschaft herbei“, schloss sie sich Laschet an. Sie wolle nicht mit Samthandschuhen angefasst werden und doch sollte das gemeinsame Ziel klar sein: „Wir sind getrennt in Farben und Inhalten, aber vereint in Schutz der Demokratie.“

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Lang gesteht Fehler bei Regierung ein

Fehler sieht Lang nicht nur in der Kommunikation zwischen Regierung und Opposition, sondern auch zwischen SPD, FDP, Grünen und den Bürgern. „Wir haben es als Regierung nicht geschafft, den Menschen Sicherheit zu geben“, merkte sie selbstkritisch an. Den Schritt, von Robert Habeck sich für das Wärmepumpen-Debakel zu entschuldigen, lobte sie. Eine Fähigkeit, die sie sich von mehr Politikern wünschen würde. Daraus entspannte sich eine langwierige Diskussion, in der es Armin Laschet konsequent vermied, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas als Fehler zu sehen. „Wir waren nie abhängig“, rief er irgendwann sogar genervt aus und tat Langs darauffolgende Erörterungen mit einem „Ist doch in Ordnung” ab.

Doch zurück zum Thema. Wie aggressiv das Klima geworden ist, musste Laschet während des Wahlkampfs 2021 selbst erleben. Dabei eigne er sich doch eigentlich gar nicht als Feindbild, meinte er im Studio selbstbewusst. „So wie ich als Mensch und als Typ bin.“ Über die Schmunzler aus dem Publikum lachte er selbst am kräftigsten mit. Da ließ sich auch Lang zu einem Kompliment hinreißen. Aus heutiger Sicht wäre es wahrscheinlich wirklich gar nicht so schlecht, wenn Laschet noch eine stärkere Rolle in der Partei hätte, lobte sie den Oppositionspolitiker.

Könnten Grüne und die CDU politisch funktionieren?

Sie hat das Gefühl, dass sich alle Parteien „extrem schnell in Empörungsdebatten“ verlieren und jeder kleine Fehler ausgeschlachtet werde. Dadurch entstehe in der Bevölkerung das Gefühl, es gehe nur noch darum, zu gewinnen oder zu verlieren, meinte Lang. Oder spitz formuliert: „Wer kann sich einen Stern in sein Hausaufgabenheft kleben?“ Dabei würde das die Menschen im Land gar nicht interessieren. Sie wollen wissen, wie die Entscheidungen der Politik sie und ihr Leben beeinflussen. Zustimmendes Nicken von Laschet. Als er noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war, habe er seinen Koalitionspartner von der FDP jeden Punkt gegönnt. „Ich wusste: Es nützt uns allen, wenn die Regierung als gut wahrgenommen wird.”

Bei so viel Harmonie wurde auch Miosga hellhörig: Könnten die Grünen und die CDU politisch funktionieren? Grundsätzlich müssen Demokraten „untereinander gesprächs- und koalitionsfähig sein, weil sonst gewinnen die Antidemokraten“, erörterte Lang. Die Spekulationen um eine mögliche Koalition zwischen den beiden Parteien brach sie allerdings schnell wieder ab. Sie wolle nicht auf die Wahl in eineinhalb Jahren blicken, sondern „jetzt gute Arbeit machen“ und „besser werden bei den Dingen, die wir nicht gut machen“.