Hamburg. Das erfolgreiche Hamburger Hip-Hop-Trio Fettes Brot blickt auf eine 31-jährige Bandgeschichte zurück und will nun vor 50 000 Menschen seinen Abschied auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld feiern.

„Emanuela“, „Nordisch by Nature“, „Jein“ - mit Ohrwürmern wie diesen hat die Hamburger Hip-Hop-Truppe Fettes Brot jahrzehntelang für Furore auf den Bühnen und in den Tanzkellern gesorgt. Doch nun soll Schluss ein. Die Brote hören auf. Doch natürlich tun sie das mit einem lauten Knall und einer anständigen Party. Gleich zwei Open-Air-Konzerte an zwei Abenden auf der ausverkauften Trabrennbahn in Hamburg-Bahrenfeld vor jeweils rund 25.000 Fans sind geplant. Wenn sie sich am 1. und 2. September von ihren Fans feiern lassen, blicken sie auf eine 31-jährige Bandgeschichte zurück.

Dass sie so lange durchgehalten haben und vor allem durchgehend erfolgreich waren, hat mehrere Gründe. Gutes Timing, das richtige Umfeld sowie Wertschätzung und innige Verbundenheit, die Dokter Renz (Martin Vandreier), Björn Beton (Björn Warns) und König Boris (Boris Lauterbach) gepflegt haben. „Wir sind ganz gut im Kommunizieren“, sagt Lauterbach. „Wir sind zwar keine Coaches oder Kommunikationsexperten, aber irgendwie wird man das zwangsläufig in einer Band.“

Wie konnten Fettes Brot so lange durchhalten?

„Unsere Strategie? Wegrennen, Alkohol, Armdrücken“, ergänzt Warns und alle drei lachen. „Natürlich gab es auch Streitereien in 30 Jahren, es wäre merkwürdig, wenn nicht. Aber wir waren immer Typen, die einigermaßen vorsichtig miteinander umgegangen sind.“

Dass es nicht immer locker-flockig war, bestätigt Vandreier: „Interessant ist, dass eine Band, die als etwas Selbstbestimmtes und Freudvolles beginnt und dadurch in der Verbindlichkeit deutlich hinter börsennotierten Unternehmen angesiedelt ist, mit den Jahren allein durch die Dauer der Zusammenarbeit immer fester wird und sich irgendwann wie eine richtige Firma anfühlt. Wie etwas, das immer schon da war und gar nicht mehr wegzudenken ist.“

Eine der erfolgreichsten deutschen Rapgruppen der 90er

Die Fachzeitschrift „Musikexpress“ beschreibt Fettes Brot als „eine der einflussreichsten, mindestens aber erfolgreichsten deutschen Rapgruppen der 90er neben Acts wie den Fantastischen Vier, den Beginnern, Freundeskreis, Dynamite Deluxe & Co. - also einer Zeit, in der aggressiverer Deutschrap, oft aus Berlin, noch nicht die Charts und Playlists dominierte“.

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) findet viele lobende Worte für die drei Hanseaten: „Fettes Brot hat den Hip Hop nach Hamburg geholt und von hier mit einem ganz eigenen Sound in die Welt getragen. Viele Bands stellen sich ja zum Abschied die bange Frage "Soll ich′s wirklich machen oder lass ich's lieber sein?" Ich hoffe immer noch, dass sie's lieber lassen und weitermachen. Fettes Brot würde fehlen!“

„Die Geschichte ist auserzählt“

Dennoch haben sich die drei entschlossen, ihr Musikprojekt zu beenden. „Natürlich gab es schon mal Gedankenexperimente, wie es wäre, sich aufzulösen“, sagt Vandreier. „Aber so richtig konkret wurde das erst jetzt.“ Warns erklärt das näher: „Wir haben das Gefühl, die Geschichte ist auserzählt. Und nach 31 Jahren haben wir auch das Gefühl, dass wir alles, was man mit einer Band erleben kann, schon erlebt haben.“ Corona habe dann den Gedanken an einen Abschied möglich gemacht. Hinzu komme, dass der Abschied der Band und allen anderen auch ein bisschen wehtun müsse.

„Früher wurden wir für verrückt gehalten, eine Band zu gründen und alles auf diese Karte zu setzen und heute werden wir für verrückt gehalten, das jetzt alles an den Nagel zu hängen.“ Lauterbach fasst lachend zusammen: „Eins bleibt gleich: Wir sind verrückt!“

Es ist diese lockere, lässige Art, die die drei ausstrahlen, die sie bei Fans so beliebt macht. Die Musiker sind bodenständig, lachen viel und vermitteln den Eindruck, mit sich und ihrem Abschied im Reinen zu sein.

Das sind die Pläne für danach

Und Pläne, was sie in der Zeit nach dem Ende von Fettes Brot machen, haben sie auch schon. So zieht es Warns in die Filmbranche: „Ich habe in der Coronazeit ein Filmstudium gemacht und arbeite jetzt an Filmprojekten. Das macht mir Spaß, bedeutet aber nicht, dass Musik jetzt nicht mehr in meinem Leben existiert.“

Das sind die konkretesten Pläne. Die von Lauterbach sind noch nicht festgezurrt. Er verrät nur so viel: „Bei mir wird Musik weiterhin eine große Rolle spielen.“ Vandreier gönnt sich hingegen erst einmal eine Auszeit: „Ich muss diesen Moment des Stillstandes wahrnehmen können und gucken, was sich daraus Neues ergibt. Langeweile ist ein unterschätztes Gefühl. Aus Beschäftigungslosigkeit entsteht Langeweile und daraus kann man neue Projekte entwickeln. Dafür möchte ich mir Zeit lassen.“

Alle Tickets binnen Stunden ausverkauft

Vor den großen Abschiedskonzerten stehen auch noch zwei Clubkonzerte an. Für alle vier Konzerte waren die Tickets binnen Stunden ausverkauft. Von diesem Erfolg waren die Hip-Hopper dann doch überrascht. „Uns war klar, dass wir bei einer Abschiedstour etwas Besonderes in Hamburg machen wollen“, sagt Lauterbach. „Eigentlich sind wir irre, zwei Tage die Trabrennbahn zu buchen. Da darf man nicht zweimal drüber nachdenken, weil das auch grandios in die Hose hätte gehen können. Im Nachhinein klingt das wie Koketterie, aber wir konnten nicht davon ausgehen, in sieben Stunden 50.000 Tickets zu verkaufen. Das war überraschend, aber wir freuen uns tierisch.“

Spektualtionen über Überraschungsgäste

Natürlich wird es ein Feuerwerk der größten Hits der Band geben - und davon gab es viele: die Plattdeutsch-Hymne „Nordisch by Nature“, die 1995 den Durchbruch für Fettes Brot brachte. „Jein“, mit dem sie ein Jahr später ihren Platz in den Charts manifestieren konnten. Das nachdenkliche „An Tagen wie diesen“, „Schwule Mädchen“, der Protestsog, der sich gegen die schwulenfeindliche Haltung im Deutschrap richtete sowie der Ohrwurm „Emanuela“.

Ob es Überraschungsgäste geben wird, fragen sich Fans schon seit Längerem. Warns verrät nun immerhin so viel: „Wir haben während unserer Abschiedstour das eine oder andere Telefonat mit unseren Freundinnen und Freunden geführt.“ Das klingt doch vielversprechend!