Teheran. Der mit einem Helikopter abgestürzte Ebrahim Raisi war seit knapp drei Jahren iranischer Präsident. Er spielt seine Macht brutal aus.

Als die Iraner aufgerufen wurden, für ihren Präsidenten zu beten, da war Ebrahim Raisi wahrscheinlich schon tot. Raisi war zusammen mit Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian auf der Rückreise aus Aserbaidschan. Dort hatte er mit Präsident Ilham Aliyev einen Staudamm eingeweiht. Das sollte die angespannte Lage zwischen den beiden Ländern wieder normalisieren. Das Unglück, bei dem sehr wahrscheinlich alle neun Passagiere und Besatzungsmitglieder des abgestürzten Helikopters ums Leben gekommen sind, stürzt das Mullah-Regime in eine Krise.

Raisi war für den Iran und vor allem für den Obersten Führer, Ajatollah Ali Chamenei, von zentraler Bedeutung. Im August 2021 war der Erzkonservative als neuer Präsident des Iran vereidigt worden. Er galt aus ausgesprochen einflussreich und war die Nummer zwei im Land. Der 63-Jährige hatte nicht nur das volle Vertrauen des Ajatollah, auch die mächtigsten Institutionen des Landes standen hinter ihm. Seit Raisi im Amt war, hatte sich die Brutalität der Sittenpolizei, die auch das Kopftuch-Gebot für Frauen kontrolliert, zunehmend verschärft. Widerstände wurden brutal niedergeknüppelt, etliche Oppositionelle hingerichtet. Raisi galt als Befürworter strengster Geschlechtertrennung.

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Präsident Raisi: mitverantwortlich für Verhaftungen und Hinrichtungen

Schon zuvor hatte er reichlich Blut an seinen Händen. Raisi war mehr als 30 Jahre lang in der Justizbehörde tätig, 2019 wurde er zum Justizchef ernannt. Er soll für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Gegner mitverantwortlich gewesen sein. Auch bei der Massenhinrichtungen politischer Gefangener 1988 soll er eine führende Rolle gespielt haben. Er war stellvertretender Staatsanwalt von Teheran gehörte zu der vierköpfigen Kommission, die die Exekution von mehr als 4000 Häftlingen in Teheran angeordnet haben soll. Mehr als 20 Jahre später veröffentlichte Amnesty International einen Bericht über dieses Massaker. Die Fotos darin zeigen die Gesichter von Männern und Frauen Mitte 20, aber auch von Teenagern. Sie wurden in Massengräbern beigesetzt. „Der Schlächter von Teheran“ nennen ihn seine Gegner seitdem.

Raisi, der auch als möglicher Nachfolger von Ajatollah Chamenei galt, verband mit dem mächtigsten Mann des Iran sehr viel. Beide Männer stammten aus Maschhad. Als Zeichen der direkten Abstammung vom Propheten trug Raisi einen schwarzen Turban. Als Teenager trat er in der Heiligen Stadt Qom in ein Seminar ein und wurde, wie er selbst berichtete, als junger Kleriker von den neuen Machthabern ausgebildet, um Regierungsämter zu übernehmen. Chamenei war damals einer seiner Lehrer nur ihm war er bis zu seinem Tod Rechenschaft schuldig.

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Iran: Massiver Hass auf Israel

Auch in seinem Hass auf Israel waren sich die beiden Führer einig. Israel soll von der Landkarte ausgelöscht werden. Derzeit ist die Lage extrem angespannt. In der Nacht zum 14. April hatte der Iran Israel mit Drohnen und Raketen angegriffen. Es war der erste direkte Angriff von iranischem Staatsgebiet. Nach israelischen Angaben konnten damals fast alle der mehr als 300 von Iran abgefeuerten Drohnen, Raketen und Marschflugkörper abgewehrt werden. Dem iranischen Beschuss vorausgegangen war ein Bombenangriff auf ein Konsulatsgebäude des Iran in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem am 1. April unter anderem ein hochrangiger General der iranischen Revolutionswächter getötet worden waren. Teheran wertete den Angriff auf das Konsulat als direkten Angriff auf ihr Territorium.

Kurze Zeit nach dem iranischen Angriff auf Israel ereigneten sich in der zentraliranischen Provinz Isfahan mehrere Explosionen. Nach Angaben von US-Medien war das eine Reaktion Israels auf den iranischen Beschuss. Teheran wies diese Darstellung zurück, Israel gibt zu derartigen Vorkommnissen nie eine Stellungnahme ab.

Mehr von Israel-Korrespondentin Maria Sterkl

Irans Präsident Ebrahim Raisi und der Fall Jina Mahsa Amini

Ebrahim Raisi war verheiratet mit Dschamileh Alamolhoda, einer außerordentlichen Professorin an der Schahid-Beheschti-Universität und hat zwei Töchter.

Im Herbst 2022 löste der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini massive Proteste im Iran aus. Die junge Frau starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. In der Folge demonstrierten landesweit Zehntausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem.

Die Sicherheitskräfte reagierten mit Gewalt und harten Strafen. Zehntausende Demonstranten wurden verhaftet, viele bei den Protesten getötet, mehrere hingerichtet. Die Proteste stürzten die politische Führung in die schwerste Krise seit Jahrzehnten.

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