Berlin. In einer Studie haben Forscher bei Betroffenen Unterschiede identifiziert. Das könnte nun zu gezielteren Behandlungsmethoden führen.

Psychische Erkrankungen sind nicht nur eine Herausforderung für den Patienten, sondern auch für die Medizin. Besonders die Diagnostik und Auswahl der Behandlung von Depressionen sind oft schwierig. Doch es gibt Hoffnung.

Ein Team rund um Erstautor Leonardo Tozzi von der Stanford University arbeitet an Methoden, um Depressionspatienten gezielter und individueller zu behandeln. In einer kürzlich erschienenen Studie konnten nun sechs unterschiedliche Biotypen der Depression festgestellt werden. Dafür haben die Forschenden die biologischen Vorgänge bei psychischen Erkrankungen mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) genauer untersucht.

Depression: Diese sechs Typen konnten die Forscher identifizieren

Dabei wurde die Gehirnaktivität von 801 Personen mit Depressionen oder Angststörungen sowie die von 137 gesunden Probanden analysiert. Besonders interessierten sie sich für die Gehirnregionen, die in früheren Studien mit diesen Erkrankungen in Verbindung gebracht wurden. Während der Scans wurden die Probanden entweder in Ruhe gelassen oder mit geistig und emotional herausfordernden Aufgaben konfrontiert.

Zusätzlich erhielten 250 Teilnehmer der Studie eine zweite Runde von Tests, bei der sie entweder ein übliches Antidepressivum erhielten oder an einer Gesprächstherapie teilnahmen. Die fMRT-Aufnahmen wurden anschließend von Tozzi und seinem Team mittels künstlicher Intelligenz analysiert, welche die Bilder in verschiedene Gruppen sortierte.

Die folgenden Typen und Symptome ergaben sich aus der Untersuchung:

  1. Ein Biotyp (DC+SC+AC+) zeigte erhöhte Aktivität in Gehirnbereichen für Aufmerksamkeit, Ruhe und Problemlösung.
  2. Beim Biotyp (AC-) wurde festgestellt, dass ein Gehirnbereich für Aufmerksamkeit weniger aktiv ist als bei gesunden Menschen. Betroffene litten deswegen seltener unter Anspannung.
  3. Der Biotyp (NSA+PA+) zeigte überaktive Gehirnbereiche bei der Verarbeitung von Emotionen. Diese Testpersonen empfanden daher beispielsweise noch weniger Freude als Andere und sie grübelten allgemein mehr.
  4. Am häufigsten war der Biotyp (CA+), bei dem Gehirnbereiche für kognitive Kontrolleüberaktiv war. Wie bei Typ drei (NSA+PA+), empfanden die Probanden auch weniger Freude als andere Testpersonen. Außerdem waren sie ängstlicher.
  5. Ein seltener Biotyp zeigte keine auffälligen neurologischen Unterschiede im Vergleich zu Gesunden, was darauf hinweist, dass noch nicht alle Zusammenhänge bei Depressionen erforscht wurden.
  6. Ein weiterer seltener Biotyp zeigte spezifische Aktivitätsmuster, die nicht den typischen Mustern von Depressionen entsprechen, was auf individuelle Unterschiede in der Gehirnaktivität hinweisen könnte.

Depressionstypen: Was das für die Behandlung bedeutet

Die Forscher stellten fest, dass der therapeutische Erfolg je nach Biotyp variierte. Bei den Testpersonen mit dem vierten Biotyp CA+ linderte das Medikament Venlafaxin die Symptome besser als bei anderen Patienten.

Für den ersten Biotyp mit den drei überaktiven Hirnregionen, die bei Problemlösungen eine Rolle spielen (DC+SC+AC+), erwies sich eine Verhaltens- und Gesprächstherapie als besonders wirksam, wie die Forscher berichten. Hingegen war diese Art der Behandlung bei dem Biotypen AC-, bei dem die Aufmerksamkeitssteuerung weniger aktiv war, am wenigsten wirksam. Für Williams ein Erfolg: „Dies ist das erste Mal, dass wir zeigen konnten, dass Depressionen durch verschiedene Funktionsstörungen des Gehirns erklärt werden können.“ Je nach Depressionsform und Biotyp ergeben sich aus den Gehirnscans nun unterschiedliche Therapieansätze. Damit eröffne die Studie erstmals eine personalisierte Medizin für die psychische Gesundheit, so das Team.

Die Forschungsgruppe will ihre Studien in Zukunft mit einer größeren Testgruppe und zusätzlichen Behandlungsmethoden zu wiederholen. Dabei werden auch neuartige Medikamente jenseits der üblichen Antidepressiva erforscht, um eine noch genauere Zuordnung und optimale Therapie zu ermöglichen.