Berlin/Neubrandenburg (dpa/mv). Rund 100.000 Menschen haben sich für den Erhalt der Extrem-Frühchen-Station in Neubrandenburg stark gemacht, indem sie eine Petition unterstützten. Das zeigte nun Wirkung im Bundestag.

Der Bundestag hat einstimmig beschlossen, dass sich die Bundesregierung mit der Zukunft der Station für Extrem-Frühgeborene in Neubrandenburg befassen soll. Eine an das Parlament gerichtete Petition zur Fortführung der Spezialeinrichtung am Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum wurde am Donnerstag mit den Stimmen aller Fraktionen an die Regierung überwiesen.

„Es liegt nun an uns als Politik, für dieses Problem eine Lösung zu finden. Wir sind das den Eltern und den Extrem-Frühchen im ländlichen Raum schuldig“, sagte der Greifswalder Bundestags-Abgeordnete Erik von Malottki unmittelbar vor der Abstimmung. Der SPD-Politiker und Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt dankten den Initiatoren der von etwa 100.000 Menschen unterzeichneten Petition für ihr Engagement.

Für die Neubrandenburger Klinik gilt seit Beginn dieses Jahres ein Behandlungsverbot für Neugeborene mit weniger als 1250 Gramm. Wegen der hohen Kosten solcher Stationen und der notwendigen Sicherung einer hohen Versorgungsqualität schreiben Krankenkassen und Verbände eine Mindestfallzahl vor. Weil in Neubrandenburg aber die geforderte Anzahl von 25 Fällen pro Jahr nicht erreicht wurde, wurde die Einstufung als „Perinatalzentrum Level 1“ zurückgenommen. Gegen das damit verbundene Behandlungsverbot für Extrem-Frühchen gab es massive Proteste. Nach den Worten Malottkis droht bundesweit 31 Kliniken wegen geringer Fallzahlen ein ähnliches Schicksal.

Bei einer Anhörung im Bundestags-Petitionsausschuss Ende März hatte Gesundheitsstaatssekretär Edgar Franke (SPD) die Fallzahl-Regelung verteidigt. Studien würden belegen, dass es für Patienten sicherer sei, wenn jährlich eine gewisse Mindestzahl an ähnlichen Fällen behandelt werde.

Der Leiter der Neubrandenburger Kinderklinik, Sven Armbrust, hielt dem entgegen, dass die Sterblichkeit bei Frühchen mit weniger als 1250 Gramm Geburtsgewicht auch in der bestehenden Klinikstruktur im Nordosten gesunken sei. „Wir sind besser als Kanada oder Schweden, wo die Zentralisierung noch weiter vorangeschritten ist“, sagte er.

Im Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum wurden den Angaben zufolge im vergangenen Jahr zehn Extrem-Frühchen versorgt. Wenn das Behandlungsverbot bestehen bleibt, müssen Eltern sehr weite Entfernungen nach Berlin, Rostock oder Schwerin in Kauf nehmen. Auch Greifswald, das weiterhin eine Ausnahmegenehmigung hat, droht wegen der bestehenden Fallzahl-Regelung langfristig die Schließung.