Berlin. Die Schweiz besiegt bei der EM 2024 einen Europameister Italien, der im Berliner Olympiastadion alles schuldig geblieben ist.

Die Schweiz steht als erstes Team bei dieser EM im Achtelfinale. Die Mannschaft von Trainer Murat Yakin setzte sich im Berliner Olympiastadion verdient mit 2:0 (1:0) gegen Titelverteidiger Italien durch und trifft nun im Viertelfinale am 6. Juli in Düsseldorf auf den Sieger der Partie England gegen die Slowakei (Sonntag in Gelsenkirchen).

Gianluigi Buffon, Italiens Torwart-Legende und nun Chef der italienischen Delegation bei der Europameisterschaft, hatte die Gruppenphase der „Squadra Azzurra“ treffend zusammengefasst. „Mir gefällt, wie die Jungs die Herausforderung mit Entschlossenheit und Herz angehen. Wir geben unser Bestes, um unser Topniveau zu erreichen. Wir haben es noch nicht erreicht, aber wir sind auf einem guten Weg.“

Initialzündung bleibt bei Italien aus

Was dem Titelverteidiger bislang gefehlt hat? Auch darauf hatte Buffon eine Antwort. „Der Wendepunkt, das Spiel, das dir Selbstbewusstsein, Vertrauen, Enthusiasmus gibt. Auf der Welle des späten Tores gegen Kroatien können wir das sicher schwere Spiel gegen die Schweiz mit Hoffnung angehen“, sagte der Weltmeister von 2006 und setzte dabei auf die Initialzündung durch das Ausgleichstor in letzter Sekunde von Mattia Zaccagni.

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Doch die Italiener mussten umstellen. Neben dem Gelb-gesperrten Innenverteidiger Riccardo Calafiori fehlte auch Linksverteidiger Federico Dimarco verletzungsbedingt. Für das Duo begannen Gianluca Mancini sowie Stephan El Shaarawy. Bei der Schweiz rückte Ruben Vargas auf der rechten Seite für den gesperrten Silvan Widmer in die Startelf.

Die große Hoffnung von Buffon sollte sich nicht erfüllen, es gab keine Initialzündung beim Titelverteidiger. Stattdessen sah sich die Mannschaft von Trainer Luciano Spalletti gleich in die Defensive gedrängt. Die Schweizer agierten mit frühem Pressing, zwangen die Italiener zu Fehlern. Und von denen gab es viele. Im Verteidigen, im Spielaufbau, selbst bei simplen Abspielen – Italien wirkte angeschlagen, als selbstbewusst in Richtung Viertelfinale marschieren zu können.

Schweiz mit Struktur in den Angriffen

Bezeichnend war eine Szene in der 35. Minute. Der Schweizer Fabian Rieder konnte Nicolo Barella mit solch einer Leichtigkeit den Ball abnehmen, dass es fast schon absurd wirkte. Barellas Nachsetzen endete in einem Foul und wurde zu Recht mit Gelb geahndet.

Nur ein einziges Mal blitzte so etwas wie italienische Leichtigkeit im Spiel auf, beim Freistoßversuch von Barella, der den Ball aus 20 Metern über die Schweizer Mauer zu Giovanni di Lorenzo lupfte. Abgesehen davon, dass der Außenverteidiger im Abseits stand: Er traf den Ball nicht einmal (19.). Wenig später blieb Federico Chiesas Schuss bei Manual Akanji hängen (26.). Mehr Italien war nicht.

2:0 für die Schweiz gegen Italien: Torschütze Ruben Vargas lässt sich feiern.
2:0 für die Schweiz gegen Italien: Torschütze Ruben Vargas lässt sich feiern. © AFP | Ronny Hartmann

Ganz anders die Schweiz, die schon im Gruppenfinale gegen Deutschland (1:1) offenbart hatte, wie sie mit vermeintlichen Favoriten umzugehen gedenkt. Mutig, mit Struktur im Aufbau und Überzeugung in jeder Aktion. Als Breel Embolo völlig frei vor Gianluigi Donnarumma auftauchte, brauchte es eine Weltklasseparade, um die Schweizer Führung zu verhindern (24.).

Vargas übertölpelt Donnarumma Sekunden nach Wiederbeginn

Nach 37 Minuten war jedoch auch Italiens Kapitän machtlos. Auf der linken Seite durfte Ruben Vargas unbehelligt warten, bis Remo Freuler in den Strafraum gesprintet war, ohne Gegenwehr den Ball annehmen und ins kurze Eck vollenden konnte. „Italien ist nervös“, schallte es aus den Schweizer Blöcken am Marathontor. Buffon konnte auf der italienischen Bank nur noch den Kopf schütteln. Für Rieders frechen Freistoß kurz vor dem Halbzeitpfiff brauchte Donnarumma die Hilfe des Pfostens (45.+1).

Wo war das Italien, das leidenschaftlich und klug verteidigt? Es schaute zu, wie die Schweizer nur 27 Sekunden nach Wiederanpfiff benötigten, um auf 2:0 zu erhöhen. Michel Aebischer bedient Vargas durch staunende Italiener hindurch. Und der Profi des FC Augsburg lieferte einen herrlichen Torschuss ins obere rechte Eck ab, der in keinem EM-Rückblick fehlen sollte (46.).

Nicht mal eine verunglückte Kopfball-Abwehr der Schweizer sollte der Squadra helfen. Von bangen Blicken des bis dahin beschäftigungslosen Torhüters Yann Sommer begleitet, klatschte der Ball von Fabian Schär nach Hereingabe von Nicolo Fagiolo nur gegen den Pfosten (52.).

Der Schuss von Retegui? Nur eine Aufwärmübung für Sommer (73.). Dann tauchten Zaccagni (Kofballvorlage) und Gianluca Scamacca frei vor Sommer auf – Pfosten (74.). Es war die letzte echte Torchance für Italien, das angetreten war mit dem Traum der erfolgreichen Titelverteidigung, der mit dieser Mannschaft jedoch nie Aussicht auf Erfüllung hatte.

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