Nach dem Urteil über den Berliner Einspruch gegen das Relegationsspiel spricht Sportrichter Lorenz von einer schweren Entscheidung.

Frankfurt/Hamburg. Seit 15.08 Uhr am Montagnachmittag sind die Hoffnungen von Hertha BSC auf den Verbleib in der Bundesliga weiter gesunken. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schmetterte den Einspruch der Berliner auf eine Wiederholung des Relegationsrückspiels ab. Nun bleibt dem Hauptstadtklub nur der Gang vor das DFB-Bundesgericht. Der Verein kündigte bereits unmittelbar nach der Urteilsverkündung an, in Berufung gehen zu wollen.

Vor einer Woche endete die Partie zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha im Chaos. Erst zündeten Hertha-Hooligans in der zweiten Hälfte bengalische Feuer und verantworteten so eine Spielunterbrechung. In der Nachspielzeit stürmten dann Tausende Fortuna-Fans den Rasen in dem Glauben, das Spiel wäre bereits beendet. Nach der Räumung des Spielfeldes und der Fortsetzung der Partie sollen Hertha-Spieler nach dem endgültigen Abpfiff in den Katakomben den Unparteiischen wüst bepöbelt haben, Abwehrmann Lewan Kobiaschwili soll Wolfgang Stark gar geschlagen haben.

Die Hertha-Verantwortlichen klagten vor dem Sportgericht und forderten ein Wiederholungsspiel. Die Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Spielfortsetzung sei nicht gegeben gewesen, lautete ihr Argument, zudem hätten die Berliner Spieler Todesängste ausgestanden angesichts des tobenden Mobs.

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Relegationschaos: Nach dem Urteil ist vor der Berufung

"Der Einspruch hatte keinen Erfolg, weil kein Einspruchsgrund nachzuweisen war. Der Schiedsrichter hat jederzeit regelkonform gehandelt, und die von Hertha BSC behauptete einseitige Schwächung durch die Unterbrechung konnte nicht belegt werden", begründete Richter Hans E. Lorenz das Urteil. Die Zuschauer, die den Platz gestürmt hatten, hätten das nicht mit der Absicht getan, Gewalt auszuüben, sondern beim "Ausleben ihres Glücksgefühls". Der Versuch, nachzuweisen, dass die Berliner unter Angst standen, blieb ohne Erfolg." Es wurde kein Berliner Spieler verletzt oder körperlich angegriffen oder musste ausgewechselt werden. Wäre das der Fall gewesen, hätte der Einspruch Erfolg gehabt."

Allerdings äußerte Lorenz auch Verständnis für die Hertha-Proteste: "Das war eine schwierige Entscheidung." Das Spiel sei dreimal unterbrochen worden, dreimal habe Stark die Partie fortgesetzt. "Das sind Tatsachenentscheidungen. Hätte der Platz nicht geräumt werden können, hätte eine Spielumwertung stattfinden müssen."

In der Fachwelt wird das Urteil kritisch aufgenommen. Michael Lehner, renommierter Sportrechtler und Schiedsrichter bei der Deutschen Institution für Sportschiedsgerichtsbarkeit, sagte: "Mit diesem Urteil kann ich wenig anfangen. Der Einspruchsgrund war, dass es eine Schwächung von Herthas Mannschaft gegeben hat. Und wenn zwei Minuten vor dem Abpfiff, mitten in der Berliner Schlussoffensive, 1000 Leute über den Platz ziehen und das Spiel lange unterbrochen werden muss, dann ist das eine Schwächung." Ob die Herthaner dabei Todesangst gehabt hätten, sei dabei nicht ausschlaggebend: "Aber ich kann doch 20 Minuten später nicht wieder anpfeifen und sagen: 'Da war nix, macht weiter!'"

Für Lehner hatte das Urteil wegen des Begründung, die Zuschauer hätten sich ja nur gefreut, eine "kontraproduktive, fast fatale Wirkung". Er hält es für "ein schlechtes Signal". Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt sagte: "Alle haben gesehen, dass das ein irreguläres Spiel war. Das Gericht hat von einem positiv besetzten Platzsturm gesprochen. Das ist ein lustiger Begriff für das, was wir gesehen haben."

Nun wird der Verhandlungsmarathon weitergehen. Das Bundesgericht wird wohl am Mittwoch zusammenkommen. Und danach kämen als weitere Instanzen das Schiedsgericht der Lizenzvereine im Profifußball, das unabhängige Deutsche Sportschiedsgericht oder das Internationale Sportgericht Cas infrage. Dann wäre es fraglich, ob der Fall bis Saisonbeginn geklärt wird.