München. Kurz nach Start wird der Boateng-Prozess unterbrochen. Richterin fordert eine Einigung „für die Kinder“. Fußballer räumt Fehler ein.

Jérôme Boateng hat vor dem Landgericht München eingeräumt, einen „Fehler gemacht“ zu haben. Er habe seine Ex-Freundin bei einer Rangelei im Juli 2018 in der Karibik weggeschubst. Es sei nicht absichtlich geschehen und tue ihm im Nachhinein leid. „Dafür habe ich mich aber auch schon vor Jahren und das mehrfach bei ihr entschuldigt.“

Seine Ex-Freundin, die Mutter der gemeinsamen Zwillinge, und die Staatsanwaltschaft werfen dem Fußballspieler Körperverletzung vor. Er habe sie mit einem Windlicht und einer Kühltasche beworfen und sie geschlagen. Das bestreitet Boateng.

Richterin beklagt Vorverurteilung

Zuvor war der Versuch der Vorsitzenden Richterin Susanne Hemmerich gescheitert, Verteidigung und Staatsanwaltschaft zu einem sogenannten Deal zu bewegen. „Ich mache diesen Beruf inzwischen seit 40 Jahren“, hatte sie gesagt. Und noch nie habe sie „eine so umfangreiche mediale Vorverurteilung des Angeklagten“ erlebt.

Der Prozess geht weiter, nachdem die Richterin das Verfahren zunächst unterbrochen hatte. Boatengs Ex-Lebensgefährtin will ihre Sicht der Dinge darlegen. Mittlerweile ist es das vierte Mal, dass sich ein Gericht mit dem Vorfall in einem Karibik-Urlaub im Jahr 2018 befasst. Boateng beteuerte, er misshandle keine Frauen, „und natürlich habe ich in meinem Leben und in meinen Beziehungen nicht immer alles richtig gemacht.“

Boateng kämpft um seinen Ruf

Boateng beklagte, er hätte gerne noch ein paar Jahre Fußball auf höchstem Niveau gespielt. Das sei aber wegen der Vorwürfe gegen ihn nicht möglich gewesen. „Zudem habe ich alle meine Werbeverträge verloren.“ Mit einem „Frauenschläger“, als der er dargestellt worden sei, wollten Geschäftspartner nichts zu tun haben. „Ich möchte nicht weiter nur dabei zusehen, wie mein Ruf und meine Zukunft mehr und mehr zerstört wird.“

Die Richterin erinnerte daran, dass das Verfahren seit sechs Jahren laufe. Das liege teils an Corona, teils an Versäumnissen der Justiz. Seit sechs Jahren müssten die beiden inzwischen 13-jährigen Töchter von Boateng und dessen Ex-Freundin, die ihm Gewalt vorwirft, „in regelmäßigen Abständen immer wieder in der Zeitung lesen, wie ihre Eltern sich vor Gericht bekriegen“. Sie wolle anregen, dass die Sache „insbesondere für die Kinder – endlich ein Ende“ habe.

Boateng-Verfahren zieht sich seit Jahren hin

2019 wurde Anklage erhoben, 2021 verhängte das Amtsgericht München eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 000 Euro – 1,8 Millionen Euro. Das Landgericht München I hatte Boateng im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro verurteilt, zu insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Boateng die Unschuldsvermutung. (dpa)