Berlin. Die Vorfahren des modernen Menschen werden oft mit dichtem Fell dargestellt. Dabei waren sie vermutlich einfach nackt.

Vor fünfzig Jahren entdeckten Wissenschaftler einen fast vollständig versteinerten Schädel und Hunderte von Knochenstücken eines 3,2 Millionen Jahre alten weiblichen Exemplars der Gattung Australopithecus Afarensis, die oft als „die Mutter von uns allen“ bezeichnet wird. Während einer Feier nach ihrer Entdeckung wurde sie „Lucy“ genannt, nach dem Beatles-Song „Lucy in the Sky with Diamonds“. Obwohl Lucy einige evolutionäre Rätsel gelöst hat, weiß man bis heute nicht, wie sie aussah.

„Beliebte Darstellungen kleiden sie in dickes, rotbraunes Fell, wobei ihr Gesicht, ihre Hände, Füße und Brüste aus dichterem Dickicht hervorlugen. Es stellt sich heraus, dass dieses haarige Bild von Lucy falsch sein könnte“, schreibt Stacy Keltner, Vorsitzende der Abteilung für interdisziplinäre Studien und Professorin für Philosophie an Kennesaw State University in Atlanta, in einem Beitrag bei Live Science. Demnach würden technologische Fortschritte in der genetischen Analyse nahe legen, dass Lucy nackt oder zumindest viel weniger behaart gewesen sein könnte.

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Fell schon vor millionen Jahren verloren

Laut der Koevolutionsgeschichte des Menschen und dem Zusammenleben mit Parasiten wie Läusen, hätten unsere unmittelbaren Vorfahren vor 3 bis 4 Millionen Jahren den größten Teil ihres Körperfells verloren und zogen erst vor 170.000 bis 83.000 Jahren Kleidung an. Das bedeute, dass die frühen Menschen und ihre Vorfahren über 2,5 Millionen Jahre lang einfach nackt waren.

Der Verlust der Körperbehaarung beim frühen Menschen sei laut Keltner wahrscheinlich durch eine Kombination von Faktoren beeinflusst, darunter Thermoregulation, verzögerte physiologische Entwicklung, Anziehung von Sexualpartnern und Abwehr von Parasiten. Umweltbedingte, soziale und kulturelle Faktoren könnten die letztendliche Einführung von Kleidung begünstigt haben, so Keltner. Demnach sei die oft genutzte Darstellungsform des „behaarten Urmenschen“ unserer frühesten Vorfahren wahrscheinlich falsch.