Zwei Wochen im August sollten ein Land verändern. Von den Olympischen Spielen in Peking versprachen sich Beobachter weitreichende Änderungen in...

Zwei Wochen im August sollten ein Land verändern. Von den Olympischen Spielen in Peking versprachen sich Beobachter weitreichende Änderungen in China: Menschenrechte, Pressefreiheit, Tibet. Nun sind die Spiele, zweifellos eine organisatorische Meisterleistung, vorbei. Aber hat sich im Reich der Mitte wirklich etwas getan?

Dr. Sebastian Bersick, Asien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, sagt: "Die Olympischen Spiele haben sicher dazu beigetragen, dass China stärker in die internationale Gemeinschaft integriert wird. Die Öffentlichkeit hat viel über China gelernt. Seine Bedeutung wächst." Allerdings sei der erhoffte Imagegewinn ausgeblieben. Die Regierung habe die Kritik aus dem Ausland nicht vorhergesehen. Vor allem die Positionierung des Westens im Tibet-Konflikt habe die Staatsführung als "Missgunst am wirtschaftlichen Erfolg und Statusgewinn Chinas begriffen".

Dennoch hat sich China 2008 als Großmacht neu positioniert. Das Engagement in Asien und Afrika sowie die weitreichende Aufstockung des Rüstungsetats haben das Land zum unverzichtbaren Mitspieler auf der internationalen Bühne gemacht. "Während des G-8-Treffens in Heiligendamm vor einem Jahr saß China noch als Teil der sogenannten Outreach-Gruppe am Katzentisch", sagt Bersick. "Jetzt, während des G-20-Treffens im November in Washington, war es ein umworbener Gast. Die zentralen globalen Fragen lassen sich ohne China nicht mehr lösen."

Allerdings erlebt das Reich der Mitte drei Jahrzehnte nach dem Beginn der Wirtschaftsreformen unter Deng Xiao Ping jetzt erstmals auch die Folgen der internationalen Finanzkrise. Seit 1978 war das einst arme Entwicklungsland mit Entwicklungssprüngen im zweistelligen Prozentbereich vorgeprescht, hatte Millionen Menschen in Lohn und Brot gesetzt und zählt heute zu den vier größten Wirtschaftsmächten. Und doch ist der Boom erst einmal gebremst. In Shanghai purzeln die Börsenkurse, Fabriken machen dicht. Die Generation der 30- bis 40-Jährigen erlebt in den Städten zum ersten Mal, dass es auch so etwas wie Arbeitslosigkeit gibt. China-Experte Bersick sagt dazu: "Die Herausforderung für China besteht darin, dass angesichts der sinkenden Nachfrage des Auslands nun der Binnenkonsum das Wachstum entsprechend generieren muss. Das Risiko wächst, dass es mit rückläufiger Wirtschaftsentwicklung zu sozialen Unruhen kommt." Tatsächlich werden aus allen Teilen des Landes Proteste gemeldet. Taxifahrer, Lehrer, sogar Polizeibeamte streiken. Eine Schicksalsfrage für die Machthaber. Bersick: "Die Legitimität des politischen Systems und der Kommunistischen Partei beruht darauf, dass die wirtschaftliche Entwicklung fortschreitet.


Journal vom 2. August 2008