Hamburg. Obst wird auch in Corona-Zeiten weltweit transportiert. Doch es gibt Probleme, wie ein Besuch auf dem Hamburger Großmarkt zeigt

Gabi Eutemüller und Eliane Steinmeyer stehen in einer Halle auf dem Gelände des Großmarktes und prüfen die Lieferungen. Bunte Kisten mit Obst stapeln sich in dem Lager der Ingmar Heuer GmbH meterhoch. Im Kühlraum nebenan warten violett schimmernde Artischocken auf Feinschmecker. Gabi Eutemüller zeigt auf säuberlich verpackte Passionsfrüchte, „eine hervorragende Qualität aus Vietnam“, freut sich die Prokuristin des Hamburger Importeurs über das Obst aus Fernost. Exotische Früchte erreichen trotz Corona-Krise die Verbraucher, doch Mangos oder Ananas sind teurer und viel schwieriger zu beschaffen als zu üblichen Zeiten. Eliane Steinmeyer, Geschäftsführerin des Großmarktes, kämpft derzeit an vielen Fronten, um die Versorgung der Hamburger sicherzustellen.

„Der Hamburger Großmarkt ist eines der wichtigsten Versorgungsorgane für die Hansestadt. Unsere Hygienevorschriften gehören zu den strengsten, die es in Deutschland gibt. Wir haben an alles gedacht, aber das machen wir 365 Tage im Jahr“, sagt Eliane Steinmeyer, die in der Obsthalle in Arbeitsjacke mit Signalstreifen und Schutzmaske steht und dabei immer wieder den Staplerfahrern ausweicht, die Paletten von den Hochregalen hieven. „Dennoch gibt es auch für unsere Händler neue Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen. Angefangen bei höheren Frachtzahlungen, Wartezeiten an den Grenzen bis hin zu stark schwankenden Nachfragemengen seitens der Konsumenten“, berichtet die 50-Jährige über die Schwierigkeiten in Zeiten des Virus.

Gabi Eutemüller, die bei der Ingmar Heuer GmbH den Import von Früchten organisiert, nennt die Hürden für den globalen Handel mit Lebensmitteln: „Die Luftfrachtkosten sind um das drei- bis Fünffache gestiegen“, berichtet die Kauffrau, die Abnehmer wie Globus und Edeka beliefert. Das verteuere die Mangos aus Peru genauso wie Papayas aus Brasilien. Denn bei diesen Produkten mache der Aufwand für den Transport einen Großteil der Kosten aus. Die Exoten kosteten daher im Supermarkt derzeit rund 30 Prozent mehr als bisher.

Ungewöhnliche Einsätze der Airlines sichern den Nachschub

Doch wie erreichen die Produkte aus Asien oder Südamerika in Zeiten von Corona überhaupt noch den Hamburger Handel? Die Zahl der Flüge ist durch die Reisebeschränkungen drastisch eingebrochen, dadurch ist die Beförderung von Fracht im Rahmen von Passagierflügen zuletzt um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Aber vor allem der Frankfurter Flughafen ist immer noch – wie auch im üblichen Handelsgeschehen - ein wichtiger Umschlagplatz für Lebensmittel wie Fisch, Fleisch oder eben exotische Früchte. Die jetzige Lage erfordert, dass allein in Frankfurt nun 22 Gesellschaften ihre Passagierjets für Cargo-Flüge einsetzen. Während bei einigen die Kabine tabu ist, bauen andere wie die Lufthansa die Sitze aus oder stapeln die Kartons auf den mit Schutzfolien ausgelegten Passagierbänken. Auch Ferienflieger mischen im Geschäft mit der Fracht mit. „20 Tonnen Melonen aus Martinique – das haben wir bislang auch noch nicht geflogen“, berichtet beispielsweise Condor-Sprecherin Magdalena Hauser.

Dem Hamburger Großmarkt sichern die ungewöhnlichen Einsätze der Airlines den Nachschub. Denn schließlich besteht das Angebot im „grünen Herzen der Stadt“ nicht nur aus Äpfeln oder Spargel, Salat und Kohl von norddeutschen Feldern. Um die knapp 100.000 Quadratmeter große Halle zu füllen, importieren die rund 300 Händler einen Großteil der Ware, die sie an ihren Verkaufsständen anbieten. Gemüse aus Spanien ebenso wie Exotisches aus Übersee. Produkte im Wert von zwei Milliarden Euro werden jährlich in den Hallen in Hammerbrook umgesetzt. Fünf Kontinente unter einem Dach, heißt das Motto des Betriebs am Rande des Oberhafens.

Schwierigkeiten für den innereuropäischen Obst- und Gemüsehandel

Neben den Früchten, die per Flieger Hamburg erreichen, ergeben sich in Zeiten von Corona auch Schwierigkeiten für den innereuropäischen Obst- und Gemüsehandel. „Statt zwei Fahrern sitzt jetzt wegen der Ansteckungsgefahr nur noch ein Lkw-Fahrer am Steuer, durch die Ruhevorschriften ergeben sich dadurch längere Lieferzeiten, etwa für Orangen aus Spanien“, sagte Eliane Steinmeyer. Zurück führen die Laster dann meist leer.

Ähnliche Probleme bereitet der Transport mit Schiffen. Container, mit denen etwa Ingwer oder Litschis aus China nach Deutschland gebracht werden, sind wegen der Logistik in Zeiten von Corona knapp. „Der Kreislauf ist unterbrochen, wir exportieren zu wenig“, sagt die Branchenkennerin. Angst vor Engpässen müsse aber auch in diesen besonderen Zeiten niemand haben, beruhigt die Chefin. Gerade zu Beginn der Corona-Krise habe noch eine große Unsicherheit bei den Verbrauchern geherrscht, mit Hang zu Vorratskäufen. Doch das Konsumverhalten habe sich mittlerweile eingependelt und sei auf ein normales Maß zurückgegangen, berichtet Eliane Steinmeyer. Insofern müsse man sich keine Sorgen um den Nahrungsnachschub machen: „Es muss niemand hamstern“, sagt die Managerin, die nach beruflichen Stationen beim Zoll und in der Softwareentwicklung seit 2015 den Großmarkt leitet.

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    Allerdings verlagere sich die Nachfrage. „Wir sehen durch die zwischenzeitliche Schließung von Hotels, Restaurants sowie Catering-Unternehmen eine Verschiebung vom gewerblichen Konsum hin zum privaten Verbrauch“, sagt Eliane Steinmeyer über die Zwangspause in der Gastronomie. Sie beobachte aber noch keine Normalisierung, da nach wie vor etwa Kantinen und die Versorgung in Kitas stillgelegt seien. Die Endverbraucher kauften auf den Wochenmärkten und im Lebensmitteleinzelhandel mehr als bisher, etwa Zitrusfrüchte aufgrund ihres hohen Vitamin-C-Gehalts.

    Am Großmarkt wurden Hygienemaßnahmen noch einmal verschärft

    Bei den Händlern, die sich auf die Gastronomie, aber auch auf die Belieferung von Kreuzfahrtschiffen oder Kitas spezialisiert haben, herrschte wochenlang Flaute. In Dutzenden dieser Betriebe sei Kurzarbeit beantragt worden, weiß die Chefin. Der Großmarkt, ein städtisches Unternehmen, stundet den betroffenen Firmen nun die Miete für ihre Flächen in der Halle. Die bisher fehlenden Lieferungen an Restaurants machen sich auch bei den heimischen Produkten bemerkbar, ergänzt Eliane Steinmeyer. „Die Preise für Erdbeeren sind niedrig.“ Und das, während die Landwirte mit den Abstandsregeln für Erntehelfer gleichzeitig einen größeren Aufwand und mehr Kosten zu schultern haben.

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      Am Großmarkt selbst wurden die bisher schon strengen Hygienemaßnahmen noch einmal verschärft. „Neben der Verlegung des Arbeitsplatzes ins Homeoffice haben wir die verbleibenden Mitarbeiter in Schichten eingeteilt. So begegnen wir uns seltener und minimieren das Ansteckungsrisiko“, sagt Eliane Steinmeyer. Auch das Betreten des Geländes sowie der Halle ist aus Sicherheitsgründen nur noch unter strengen Auflagen möglich. Die beliebten Führungen auf dem Großmarkt sind eingestellt, das Event „Food Market“ im September wurde abgesagt.

      Zugleich reagieren die Kunden auf die veränderten Gegebenheiten. So wird ein großer Teil der Ware vorbestellt und außerhalb der Halle an die Einkäufer übergeben – ein neuerdings sehr anonymes Geschäft nach langen Zeiten des Handschlag-Business. Eliane Steinmeyer wünscht sich sehr, dass möglichst bald wieder Normalität herrscht im Großmarkt, aber auch für sich persönlich: „Ich freue mich darauf, bald wieder ins Restaurant zu gehen“, sagt die Liebhaberin der griechischen Küche.

      Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

      • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
      • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
      • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
      • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
      • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden