Hamburg. Das junge Unternehmen Plancraft aus dem Karoviertel bietet eine Software für Tischler, Maler und Co. an. Was dahintersteckt.

Die Lebensrealität vieler Chefs von Handwerksbetrieben sieht so aus: Statt den Feierabend mit der Familie oder Freunden zu verbringen, steht Papierkram an. Angebote kalkulieren, Rechnungen schreiben, Personalpläne erstellen. Solche Aufgaben bleiben häufig im hektischen Betriebsalltag liegen und sorgen für Frust, Überstunden und im schlimmsten Fall sogar für finanzielle Schäden. Das müsse anders gehen, dachten sich Alexander Noll (30) und Julian Wiedenhaus (30) – und gründeten ihr Start-up Plancraft.

Noll hatte die Probleme selbst miterlebt, als er neben seinem Studium an der TU Hamburg im Büro der Zimmerei seines Vaters in Tostedt (Landkreis Harburg) aushalf. Zusammen mit seinem Kommilitonen Wiedenhaus wollte er im väterlichen Betrieb die Betriebsprozesse verbessern. Doch mit den zur Verfügung stehenden Programmen funktionierte das nicht. Deshalb entschlossen sich die Wirtschaftsingenieure dazu, eine eigene, auf die Bedürfnisse von vielen Handwerksbetrieben zugeschnittene Software zu entwickeln. Ein halbes Jahr lang befragten sie vorab Handwerker ausführlich zu deren Betriebsabläufen, Wünschen und Problemen.

Handwerker in der Bürokratiefalle – Plancraft will helfen

Für die Entwicklung von Plancraft, wie Unternehmen und Software später heißen sollten, holten sie noch den Fachinformatiker Richard Keil (39) mit ins Boot. Er verantwortet in dem Unternehmen die Softwarearchitektur. Die drei bezeichnen sich selbst als Traumbesetzung für die Gründung eines Start-ups, für das man laut Lehrbuch einen Träumer, einen Macher und ein „Arbeitstier“ benötigt. Noll, der außerdem einen Abschluss als Bau- und Umweltingenieur hat, ist in diesem Bild der Träumer, Keil der Macher, während Wiedenhaus, der vor der Gründung als Projektmanager bei Airbus tätig war, für die Bereiche Marketing und Vertrieb zuständig ist und die dritte Rolle einnimmt.

Die Gründung selbst fand in schwierigen Zeiten statt, nämlich im Februar 2020, unmittelbar bevor Corona in Deutschland ausbrach. „In der Pandemie zu gründen hatte wie so oft Vor- und Nachteile“, sagt Wiedenhaus. Einerseits sei die Nachfrage nach Digitalisierung groß gewesen, was dem Gründungsteam zugutekam. „Es gab andererseits aufgrund der Pandemie zum Beispiel keine Messen, zu denen wir gehen und auf denen wir unser Produkt hätten zeigen können.“ Dagegen war das Verständnis, mit Neukunden digitale Gesprächstermine durchzuführen statt einen Außendienstler durch Deutschland fahren zu lassen, in der Pandemie größer.

Plancraft-Gründung kurz vor dem Corona-Ausbruch

Plancrafts Hauptziel: eine besonders einfach zu bedienende Software zu vertreiben. Rund ein Drittel der Handwerksbetriebe setzt in ihrer Administration auf eine Mischung aus Word und Excel. „In der Praxis sorgt das für viele manuelle Arbeitsschritte, bei denen häufig gesetzliche Vorgaben – wie Revisionssicherheit – nicht eingehalten werden können,“ so Wiedenhaus. Die anderen zwei Drittel würden eine oftmals teure Unternehmenssoftware nutzen. „Das sind häufig Programme aus den 1990er- und 2000er-Jahren, bei denen man sich nach der Installation selbst um Wartung und Datensicherung kümmern muss.“

Eine Anbindung an das Smartphone sei dabei selten gegeben, zumindest würde sie nicht automatisch dazugehören. Die Möglichkeit zur ortsunabhängigen Nutzung von Web- und Smartphone-Apps, welche auf Laptops, Tablets und Smartphones mit jedem Betriebssystem laufen, ist einer der Kernelemente von Plancraft.

Die Angebotskalkulation wird im Schwimmbad erstellt

Auf Instagram veröffentlichen Kunden ihre Plancraft-Erlebnisse. „Da sehen wir dann Fotos, wie jemand, während das Kind einen Schwimmkurs hat, mit dem Tablet in der Schwimmhalle sitzt und dort die Zeit für Angebotskalkulation oder sonstige Büroarbeiten nutzt, um nachher zu Hause Zeit für die Familie zu haben“, sagt Wiedenhaus. Ein Malermeister berichtet ebenfalls auf Instagram, dass seine Angebotserstellung mit Plancraft nur sechs Minuten gedauert habe. Der Instagram-Kanal von Plancraft, der von mehr als 3000 Personen abonniert wird, veröffentlicht neben lustigen Bildern auch Einblicke in den Büroalltag sowie Tipps rund um die Themen Gründung, Handwerk und natürlich die Software selbst.

Zu den Kernfunktionen von Plancraft zählen die Organisation aller Dokumente in digitalen Projektordnern sowie die Kalkulation von Angeboten und Rechnungen. Ein Chat mit dem Projektteam steht ebenfalls zur Verfügung. Denn nicht nur im Büro soll man Plancraft nutzen, auch Mitarbeiter im Außendienst würden von der Software profitieren, wenn es zum Beispiel um die mobile Zeiterfassung geht.

Hamburger Start-up hat vierstelligen Kundenstamm

Der Kundenstamm von Plancraft verteilt sich über Deutschland und Österreich und liegt im vierstelligen Bereich. Mit dabei sind vom Einzelunternehmer bis zum Handwerksbetrieb mit 80 Mitarbeitern alle Unternehmensgrößen. Außerdem kooperieren sie mit Meisterschulen. „Wir legen sehr viel Wert darauf, dass unser Produkt in der Lehre verwendet wird“, so Noll. Konkret würden die Meisterschüler mithilfe der Software in Prüfungssituationen demonstrieren, dass sie Angebote und Rechnungen korrekt kalkulieren können. „Das ist eines der Standbeine, mit denen man am Ende einen Betrieb langfristig wirtschaftlich führen kann.“ Während der Zeit in der Meisterschule stellt Plancraft dem Fachkräftenachwuchs das Programm kostenfrei zur Verfügung.

Das Starterpaket von Plancraft kostet 29,90 Euro im Monat

Das Start-up bietet die Software in vier Paketgrößen entweder als monatliches oder Jahresabonnement an. Los geht es mit dem Starterpaket für 29,90 Euro pro Monat, das Plancraft insbesondere für Kleinunternehmen oder eine nebenberufliche Selbstständigkeit empfiehlt. Dieses Modell sieht nämlich nur eine Bürolizenz vor – zu einem Aufpreis von 14,90 Euro können jedoch mobile Nutzungslizenzen hinzugefügt werden. Im Gegensatz dazu umfasst das umfangreichste Premium-Modell vier Büro- und acht mobile Lizenzen und kostet 149,90 Euro pro Monat. Die genannten Preise beziehen sich auf einen Vertragsabschluss für ein Jahr, bei monatlicher Kündigungsoption erhöht sich die Gebühr um 10 beziehungsweise 30 Euro.

Das Geschäftsmodell scheint aufzugehen, auch wenn die Gründer mitten in der Wachstumsphase keine konkreten Ergebnis- und Umsatzzahlen nennen wollen. Doch für den Erfolg spricht, dass inzwischen mehr als 30 Beschäftigte für Plancraft im Karoviertel arbeiten. Mit dabei: Zwei Bürohunde und eine Tischtennisplatte. Einige Mitarbeiter von Plancraft leben übrigens gar nicht im Raum Hamburg, sind ausschließlich im Homeoffice an anderen Orten aktiv. Eine moderne Arbeitskultur, die dem sogenannten New-Work-Ansatz der 2020er-Jahre entspricht. Und zu genau dieser Arbeitskultur will Plancraft mit seiner Software auch Deutschlands Handwerker verhelfen.