Paris. 16 Frauen erheben schwere Anschuldigungen gegen Depardieu. Nun steht die Karriere der Film-Ikone vor dem Aus. Worum es genau geht.

Als im Frühjahr der jüngste Asterix-Film in die Kinos kam, bescherte er vielen Fans eine Riesenenttäuschung. In „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ nämlich wurde Obelix nicht von Gérard Depardieu gespielt, sondern von dem französischen Schauspieler Gilles Lellouche. Letzterer schlug sich zwar wacker, aber er hatte einen schweren Stand. Denn Obelix, das ist in den vorherigen vier Asterix-Realfilmen die Paraderolle Dépardieus gewesen. Und der Ausnahmedarsteller ist wohl nicht nur der größte französische Schauspieler der letzten fünfzig Jahre, sondern er war in seiner Heimat auch der mit Abstand beliebteste.

Die Produzenten des letzten Asterix-Films haben sich bis heute nicht über diese Besetzungsfrage geäußert. Dépardieu, mittlerweile 74 Jahre alt, nahm sie jüngst mit seiner Erklärung aus der Schusslinie, dass er keine weiteren Filme mehr drehen wolle. Das freilich hat er schon seit 2021 nicht mehr getan und der wahre Grund dürfte sein, dass ihn einfach niemand mehr vor die Kamera holen mag. Eine Frage des Alters oder des Talents des Stars ist das eher nicht, sondern vielmehr die Angst vor negativen Schlagzeilen.

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Warum Dépardieu nicht mehr vor der Kamera steht

Das mag verwundern, schließlich pflasterte der 130 Kilo schwere Charakterdarsteller seine Karriere seit jeher mit einem Skandal nach dem anderen, ohne deswegen an Popularität einzubüßen oder bei Filmschaffenden weniger gefragt zu sein. So sorgte er regelmäßig wegen seines exzessiven Alkoholkonsums, mit Verkehrsunfällen oder kontroversen Aussagen für Wirbel. Wer anderes als Dépardieu etwa hätte es sich ungestraft leisten können, auf einem Air France-Flug in den Gang zu urinieren, weil ihm eine Stewardess während der Startphase den Gang zur Toilette verboten hatte?

Einen Film nach dem Anderen drehte die Kino-Ikone auch noch, nachdem sie sich 2013 in die Arme vom Kremlfürst Wladimir Putin warf. Um der hohen Reichensteuer in Frankreich zu entgehen, emigrierte Depardieu erst nach Belgien, dann nach Russland und ließ sich von Putin die russische Staatsbürgerschaft per Erlass verleihen. Bis zum Beginn des Kriegs in der Ukraine, den er verurteilte, hatte der Schauspieler aus seiner Nähe zu Putin oder zu dem tschetschenischen Autokraten Ramsan Kadyrow nie einen Hehl gemacht.

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Harte Vorwürfe gegen den französischen Schauspieler

Das Blatt begann sich erst zu wenden, als die angehende Schauspielerin Charlotte Arnoult 2018 eine Vergewaltigungsklage anstrengte. Dépardieu versichert zwar, allein einvernehmlichen Sex mit der jungen Frau gehabt zu haben, aber die Justiz leitete am Ende dennoch ein nach wie vor nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren ein. Vor allem aber entpuppte sich Arnoults Klage als eine Art Dammbruch. Mittlerweile haben 15 weitere Frauen Dépardieu sexueller Übergriffe beschuldigt und detailreich geschildert, wie sie während Dreharbeiten von ihm verbal oder handgreiflich belästigt worden sind.

In den vergangen sechs Jahren, in denen er sich auf der Leinwand immer rarer machte, frönte Dépardieu einer neuen Leidenschaft. Er sang auf einer endlosen Frankreich-Tournee Lieder der 1997 verstorbenen Sängerin Barbara, deren Repertoire an selbstkomponierten Chansons als eines des schönsten Frankreichs gilt. Aber seit es im Sommer vor den Toren der wie stets ausverkauften Konzertsäle von Antibes und Lyon zu Demonstrationen protestierender Frauen gegen den „Vergewaltiger Dépardieu“ kam, sind vorerst alle weiteren Tour-Termine abgesagt worden.

Im Oktober schließlich rang sich Dépardieu zu einem Kommuniqué durch. Er sei „kein Vergewaltiger oder Raubtier“, beteuert er darin und entschuldigt sich bei allen, die er „verletzt oder schockiert habe, weil ich mich wie ein Kind aufführte“. Ob das genügt, um den Bann aufzuheben, mit dem ihn die Filmindustrie ganz offensichtlich belegt hat, ist jedoch fraglich. Der Ruhm des zuvor unantastbaren Stars hat offenbar so stark gelitten, dass er einfach nicht mehr „bankable“ ist.

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