London. Keir Starmer feiert mit seiner Labour-Partei einen spektakulären Wahlsieg. Regierungschef Sunak ist vernichtend geschlagen.

Die Labour-Partei von Keir Starmer hat die Parlamentswahl in Großbritannien klar gewonnen. Der 61-Jährige trat noch am Freitagnachmittag die Nachfolge von Premierminister Rishi Sunak an, dessen Konservative Partei eine schwere Niederlage erlitt.

Die Labour-Partei erhielt 410 der 650 Sitze. Die Konservativen kommen auf 131. Die 14 Jahre währende Dominanz der konservativen Tories ist zu Ende. Der neue britische Premierminister Keir Starmer hat in seiner ersten Reaktion nach der Parlamentswahl Veränderungen im Land versprochen. „Die Menschen haben gesprochen, sie sind bereit für den Wandel“, sagte der Chef der Labour-Partei in seinem Wahlkreis in Nordlondon. „Sie haben abgestimmt und es ist an der Zeit, dass wir liefern.“

Keir Starmer mit seiner Ehefrau Victoria am Donnerstag.
Keir Starmer mit seiner Ehefrau Victoria am Donnerstag. © AFP | JUSTIN TALLIS

Sunak hingegen hat die Niederlage seiner Partei bei der Wahl eingeräumt. „Die Labour-Partei hat diese Parlamentswahl gewonnen, und ich habe Sir Keir Starmer angerufen, um ihm zu seinem Sieg zu gratulieren“, sagte der Regierungschef. Die Briten hätten „ein ernüchterndes Urteil“ gefällt. „Ich übernehme die Verantwortung dafür.“

Weniger Begeisterung für Labour als Verdruss über die Tories

Überraschend ist das Ergebnis nicht: Umfragen sagen seit Langem einen deutlichen Sieg der Sozialdemokraten voraus. Im Wahlkampf konnte Sunak, dessen Partei mit Pannen und einem Skandal um illegale Wetten zum Wahltermin zu kämpfen hatte, kaum aufholen.

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Verantwortlich für den klaren Ausgang der Wahl ist nach Ansicht des renommierten Meinungsforschers John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow jedoch nicht in erster Linie Begeisterung für Labour, sondern Verdruss über die bisherige Regierungspartei. Sunak war bereits der dritte Regierungschef seiner Partei in der vergangenen Legislaturperiode, die von wirtschaftlicher Stagnation und stark steigenden Lebenshaltungskosten geprägt war.

Die Labour-Partei erhält 410 der 650 Sitze. 
Die Labour-Partei erhält 410 der 650 Sitze.  © AFP | OLI SCARFF

Schon am Freitag dürfte Starmer als neuer Premier in der Downing Street stehen

Labour-Chef Starmer hatte die Arbeiterpartei in den vergangenen Jahren wieder in die politische Mitte geführt, nachdem sie unter seinem Vorgänger Jeremy Corbyn weit nach links gerückt war. Zudem ging er entschieden gegen antisemitische Tendenzen in den eigenen Reihen vor.

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Gleichzeitig blieb der bisherige Oppositionschef in vielen Bereichen eher vage, etwa zu den Plänen für eine mögliche Annäherung mit der Europäischen Union. Kommentatoren verglichen seine behutsame Art mit dem Tragen einer Porzellanvase aus der chinesischen Ming-Dynastie.

Der Regierungswechsel wird in Großbritannien rasch vollzogen. Sobald das amtliche Endergebnis feststeht, kommt es zur Machtübergabe. Schon im Laufe des Freitags wurde Starmer von König Charles III. mit der Regierungsbildung beauftragt.

„Mr. Brexit“ Nigel Farage schafft Sprung ins Parlament

Auch der Rechtspopulist und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage hat den Sprung ins britische Parlament geschafft. Der Chef der Partei Reform UK konnte sich demnach im südostenglischen Wahlkreis Clacton-on-Sea durchsetzen.

Der Vorsitzende der britischen Reformpartei, Nigel Farage, hat laut Prognosen den Sprung ins britische Parlament geschafft.
Der Vorsitzende der britischen Reformpartei, Nigel Farage, hat laut Prognosen den Sprung ins britische Parlament geschafft. © DPA Images | Dominic Lipinski

Für Farage ist es bereits der achte Versuch, ein Mandat für das Unterhaus zu erringen. Der 60-Jährige saß jahrzehntelang für die Ukip-Partei im EU-Parlament und gilt als treibende Kraft hinter dem Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens. Er wird daher auch als „Mr. Brexit“ bezeichnet. 

Mit seiner überraschenden Kandidatur hat Farage die bisherige konservative Regierungspartei von rechts unter Druck gesetzt und damit zu ihrer vernichtenden Wahlniederlage beigetragen. Dafür spricht auch das Ergebnis des zuerst ausgezählten Wahlkreises Houghton and Sunderland South in Nordostengland, in dem Reform UK zweitstärkste Kraft hinter der Labour-Partei wurde und die Partei des unpopulären Premierministers Rishi Sunak auf den dritten Platz verbannte.