Hamburg. Nach den vier Leckerbissen in der EM-Vorrunde soll im Viertelfinale das Festessen folgen. Ein früherer HSV-Profi könnte das verhindern.

Es war bereits kurz vor 1 Uhr in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, als Türkeis emotionaler 2:1-Sieg gegen Tschechien im Volksparkstadion schon gar keine Rolle mehr spielte. „Bis nächste Woche“, sagte eine zufriedene Uefa-Mitarbeiterin im blauen Trainingsanzug nach dem vierten und letzten EM-Gruppenspiel in Hamburg. „Dann sehen wir uns bei Ronaldo gegen Mbappé.“

Ganz so weit ist es natürlich noch nicht. Aber nachdem nun alle Achtelfinalpartien der Euro 2024 seit dem späten Mittwochabend feststehen, ist in Hamburg die Vorfreude auf ein mögliches Viertelfinalspiel am nächsten Freitag zwischen Portugal und Frankreich groß. Die Seleção gegen die Équipe Tricolore, der Europameister von 2016 gegen den Weltmeister von 2018, 1,05 Milliarden Euro Transferwerte gegen 1,23 Milliarden Euro – es wäre das vorweggenommene EM-Endspiel.

Frankreich gegen Portugal wäre das Gigantenduell

Doch Halt! Stopp!! Der Konjunktiv muss an dieser Stelle noch einmal gefettet werden. Denn vor dem Traum-Viertelfinale für Hamburg müssen ja zunächst einmal die Achtelfinalpartien ausgetragen werden. Portugal hat am späten Montagabend in Frankfurt die lösbare Aufgabe Slowenien vor der Brust – und Frankreich trifft drei Stunden zuvor in Düsseldorf auf Belgien.

Und genau in dieser Partie könnte der Haken aller Hamburg-Träumereien liegen. Denn obwohl Belgien bislang noch nicht wirklich bei dieser EM überzeugen konnte, ist die Mannschaft um den früheren HSV-Profi Amadou Onana höchst motiviert, das ebenfalls nur bedingt überzeugende Frankreich aus dem Turnier zu werfen. Zumal sich Onana gerne in die Reihe der Ex-Hamburger einreihen würde, die sich über eine emotionale Volksparkrückkehr freuen durften.

Calhanoglu ließ den Volkspark beben

Am Mittwochabend war das Hakan Calhanoglu, der den Achtelfinaleinzug der Türkei durch ein Tor in „seinem“ Volksparkstadion ebnete. „Es war herrlich, nach zehn Jahren wieder im Hamburger Volksparkstadion zu spielen“, sagte der 30-Jährige, als er weit nach Mitternacht als letzter Türke durch die Katakomben seiner früheren Wahlheimat zum Mannschaftsbus eilte. „Und dann auch noch in einem EM-Spiel hier zu treffen.“

Calhanoglu schaffte das, was wenige Tage vor ihm auch schon Albaniens Klaus Gjasula gelungen war. Auch der Ex-HSVer hatte beim mindestens genauso emotionelen 2:2 gegen Kroatien in seinem Stadion getroffen – und das sogar doppelt. Zunächst direkt nach seiner Einwechslung ins eigene Tor, dann in der Nachspielzeit zum 2:2-Endstand.

Hamburgs Vorrundenspiele waren ein Erfolg

Doch es wäre zu kurz gegriffen, Hamburgs vier Vorrundenpartien an den Auftritten der früheren HSV-Profis aufzuhängen. Der Volkspark und ganz Hamburg bebte bei dieser EM gleich viermal: Erst der orangene 2:1-Sieg von den Niederlanden gegen Polen, dann Albaniens packendes 2:2 gegen Kroatien, später Georgiens stimmungsvolles 1:1 gegen Tschechien und schließlich noch das laute 2:1 der Türkei erneut gegen die Tschechen. Diese EM bot Hamburg bereits vier echte Leckerbissen an – und womöglich kommt nun auch noch das Festessen.

Ronaldo gegen Mbappé ist ein Duell, das Fußballherzen höher fliegen lässt. Es ist die Vergangenheit gegen die Zukunft.

Ex-Madrilene gegen zukünftigen Real-Star

Hier der sechsfache EM-Teilnehmer, der noch immer dem Traum hinterherjagt, auch als einziger Spieler bei sechs Turnieren mindestens ein Tor erzielt zu haben. 39 Jahre jung, fünffacher Weltfußballer, bei Real Madrid zum Galaktischen geworden, ehe er nun seine Karriere in Saudi-Arabien ausklingen lässt.

Dort der legitime Kronprinz, der bereits als Teenager Weltmeister wurde. Mit 25 Jahren gilt er derzeit mit einem Marktwert von 180 Millionen Euro als wertvollster Fußballer dieses Planeten und begibt sich nun auf Ronaldos Spuren, um ab der kommenden Saison ebenfalls bei Real Madrid zum Galactico zu werden.

Volksparkstadion bereits ausverkauft

Die schlechte Nachricht: Das Volksparkstadion ist natürlich schon längst ausverkauft. Die gute Nachricht: Ähnlich wie die anderen vier Hamburg-Spiele ist auch diese Blockbusterpartie mehr als nur ein Stadionerlebnis. Natürlich dürfte vor allem das Portugiesenviertel und das Fanfest im Ausnahmezustand sein, sollte es wirklich zum Spiel der Spiele kommen. Aber auch der Rest der Hansestadt dürfte am kommenden Freitag in Ekstase verfallen.

Doch die Benchmark ist hoch. So wurde im vom Volkspark nicht weit entfernten Deutschen Elektronen-Synchrotron Desy sogar wissenschaftlich belegt, welche Nation wie heftig feiert. Das Ergebnis aus dem Forschungszentrum: Die Kroaten brachten die Erde sogar noch mehr zum Beben als die Albaner, aber die Georgier haben in Hamburg bislang alles in den Schatten gestellt.

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„Die Stimmung hier in der Stadt ist etwas ganz Besonderes“, sagte auch Calhanoglu am späten Mittwochabend. „Die türkischen Fans sind hier sehr emotional.“ Und tatsächlich wurde Hamburg in den Stunden nach dem türkischen Last-Minute-Sieg über Tschechien zu einem „Little Istanbul“. Auf der Stresemannstraße ließen sich hupende Autos auch von einer Polizeikolonne nicht am Feiern hindern, die Reeperbahn verwandelte sich in ein Meer aus roten Fahnen, und in der Innenstadt rund um die Gerichtsgebäude brach der Verkehr zusammen.

Statt HSV und 2. Liga: Beehren Ronaldo und Mbappé Hamburg?

Was also wird passieren, wenn tatsächlich in der kommenden Woche am Freitag statt wie üblich der HSV gegen Magdeburg, Elversberg oder Fürth diesmal zwei der besten Mannschaften des Planeten im Volkspark aufeinandertreffen?

Die Vorspeise hat jedenfalls gemundet, nun darf der Festschmaus serviert werden.